Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Dernburg. 441 
den Getzen des Erfolges beugen. Gerade deshalb, weil ich die Geschicke 
Deutschlands und Preußens für unauflöslich verkettet halte, habe ich mich 
für rerpflichtet gehalten, darauf hinzuweisen, daß man den betretenen Weg 
rerlassen möge, damit unser deutsches Vaterland nicht allein groß 
und einig werde, sondern auch in Recht und Freiheit erblühe. 
Quod Deus bene vertat! 
Dernburg’): Meine Herren, es ist selbstverständlich, daß ich die Lage, 
in die unsere Verhältnisse gerathen sind, mit ganz anderen Augen betrachte, 
als die Herrn Redner, die vor mir gesprochen haben. Wenn die Partei, 
die seit einer Reihe von Jahren ein Ziel erstrebt, es endlich erreicht, so sieht 
sie die Dinge mit ganz anderen Augen an, als Diejenigen, die es seither 
bekimpft haben. Ich kann aus dem, was die Herrn Vorredner, namentlich 
der Herr Abgeordnete v. Biegeleben gesagt, nur die Lehre ziehen, daß die 
Legik der Geschichte mächtiger ist, als die Bestrebungen, die sich ihr wider- 
setzen, da es auch hier heißt, volentes duco, nolentes traho. Meine 
Herren, wenn es im Ausschußbericht heißt, wir sollten nicht im Geist der 
Ueberhebung des Einen gegen den Andern in diese Berathung eintreten, so 
ist diese Ermahnung zur Mäßigung wohl nicht nothwendig gewesen; denn 
jeder wird es fühlen, daß das, was er zu dem Resultate beigetragen, ein 
so unendlich Kleines in dem Verhältniß zu den furchtbaren Opfern, die 
dafür getragen worden ist, daß das Gefühl der tiefsten Bescheidenheit Jeden er- 
greifen muß, der in die Berathung über diesen Gegenstand eintritt. Ich 
will deßhalb auch um so weniger in die große Politik eintreten, ich glaube 
vielmehr, daß es einer der größten Segen für uns ist, daß wir von der 
großen Politik erlöst worden sind, die seither in unserem Lande getrieben 
worden ist, und daß wir in Zukunft nichts mehr von all' den kleinen, 
gern großen Betheiligungen an politischen Ereignissen zu hören haben, für 
die die Macht unseres Großherzogthums denn doch einen sehr kleinen und 
unbedeutenden Hintergrund bildete. Ich wenigstens fühle mich wahrhaft er- 
lst, daß wir von der großen Politik befreit sind, und ich glaube selbst, daß 
des Herrn Ministerpräsidenten Ercellenz, der ja, wie kein Hessischer Minister 
ror ihm und hoffentlich wie auch keiner nach ihm, Antheil an der großen 
Pelitik genommen hat, sich auch gleichsam erlöst gefühlt hat, als er in Ver- 
sailles in das historische Tintenfaß kanchte und mit der Feder den Bumdes- 
vertrag unterschrieb, der ihm für künftighin diplomatische Ruhe sichert. In 
jenem Augenblick konnte Seine Crcellenz sagen: inveni portum. spes et 
sortunn valcte; von dem Moment an war ron dem Großherzogthum Hessen 
die Gefahr entfernt worden, in der es so lange schwebte, nämlich in allerlei 
dirlomatische Hängereien hineingezogen zu werden, mit denen es besser nie 
chras zu thun gehabt. Meine Herren, blos einen Punkt möchte ich hervor- 
) S. 23 m.
	        
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