Dernburg. Neidhardt. 443
stimmte unzweideutige Zusage von Seiten des Finanzministe-
riums vor, daß, wenn in der Sitzungsperiode des Norddeutschen Reichs-
tuges, welche im Juni 1870 zu Ende gegangen ist, eine allgemeine Bier-
bestmerung nicht zu Stande kommen würde, dann das Großherzogthum
Hessen die Einführung der Malzsteuer veranlassen werde. Dieser ganz be-
stimmten Zusicherung gegenüber muß ich behaupten, daß sie nicht gehal-
ten worden ist, daß im Gegentheil, während alle anderen Faktoren darüber
cinstimmig waren, es solle diese greße Unbilligkeit verschwinden, das Groß-
berzegthum Hessen sein Veto entgegengestellt und gesagt hat: nein, ich gebe
meine Zustimmung nicht. Ich bin begierig, ob von Seiten des Herrn Re-
gierungs-Kommissärs mir in dieser Beziehung Widerspruck entgegengesctzt
werden kann. Ich sage weiter Folgendes: Man wird vielleicht entgegnen,
daß von Seiten Preußens, namentlich von Seiten des Bundeskanzleramts
eine ganz neue Bierbesteuerung beabsichtigt werde. —
Ministerialrath Aeidhardt (dazwischen): Jawohl.
Dernburg: — und daß von Seiten des Staatsministers Delbrück
im Reichstag eine darauf bezügliche Aeußerung gemacht wurde. Allein,
meine Herren, wenn ich auch nicht verkenne, daß die Aeußerungen des
Herrn Delbrück sich darauf bezogen haben, warum man Baden, Baiern
und Würtemberg nicht in die gemeinsame Bierbesteuerung hereinge-
zegen hat, so bezog sie sich dech nicht darauf, warum in einem Lande,
welches sa mit Preußen, welches mit dem Nordbund eine gemeinschaftliche
Bestenerung hat, fortwährend diese unbillige Prägravirung existirt. Diesen
letzteren Punkt hat der Staatsminister Delbrück nicht berührt, und wahr-
scheinlich war derselbe von den Verhältnissen auch zu gut unterrichtet, als
daß er eine solche offenbare Unbilligkeit, wie sie die Hessische Regierung
idren eigenen Unterthanen zumuthet, gewiß seinerseits nicht ge-
billigt haben würde.
Ministerialrath Aeidhardt: Ich kenne den Wortlant der in Rede
stebenden Erklärung des Finanzministeriums nicht; ich will indessen unter-
stellen, daß derselbe dem entspricht, was der Herr Abgeordnete Dernburg"
vorgetragen hat. Nun, meine Herren, eine derartige Erklärung muß man
nicht streng nach den Worten, sondern nach dem Sinn beurtheilen und in
dieser Beziehung habe ich Folgendes kurz zu bemerken. Es ist inzwischen
außer Zweifel gestellt worden, daß füraden Norddeutschen Bund, resp. für
das künftige Deutsche Reich die Herstellung einer Biersteuer auf anderer
als der bisherigen Grundlaze in Aussicht genommen ist. Es wird daher
Niemand der Regierung mit Grund einen Vorwurf machen können, wenn
sie unter solchen Umständen eine Aeuderung der diesseitigen Bierbesteucrung