448 Hessen. Verhandlungen der zweiten Kammer.
noch zu erstreben ist, hinweisen. Es ist in dem Ausschußberichte gesagt, es
sei von den si.ddeutschen Regierungen nichts geschehen, um deren Beinitt
zum Norddemschen Bunde zu bewerkstelligen oder vorzubereiten. Da der
Norddeutsche Bund nun glücklicher Weise zum Deutschen Bund geworden ist,
so fällt die Kritik. Aber auch abgesehen davon — was geklagt wurde, daß
nichts geschehen sei, ist nicht richtig und es ist auch nicht richtig, wenn ge-
sagt ist, daß die baierische Regierung sich gänzlich dem Zusammenwinen
mit den anderen süddeutschen Staaten entzogen habe. Ich begehe keine Indisere=
tion, sondern bin heute berechtigt, mich bezüglich der Einleitungen zur Er-
weiterung des bisherigen Norddeutschen Bundes zu äußern, für welche ich be-
rufen war amtlich thätig zu seim. Nachdem der Friede zwischen Preußen und
den im Jahre 1866 zum Bunde gestandenen deutschen Staaten geschlossen,
nachdem die Norddeutsche Bundesverfassung auf die nördliche Provinz unseres
Landes ausgedehnt war, erkannten die Meisten, daß es so nicht bleiben könne.
Schon bei der Berathung über den Friedensvertrag waren in der Kammer
Anträge gestellt worden, darauf gerichtet, mit dem Großherzogthum in den
Norddeutschen Bund einzutreten. Die Gründe, warum dies nicht geschehen
ist, sind von der Regierung damals entwickelt worden, und ich habe diesen Grün-
den aus voller Ueberzeugung meine Anerkennung gezollt. Es waren, wenn
ich mich recht erinnere, der Gründe drei. Zunächst der, daß es auch im
deutschen Gesammtinteresse nicht zweckmäßig sei, wenn von drei süddeutchen
Staaten einzelne in den Norddeutschen Bund eintreten würden, wodurch der
Norddentsche Bund vergrößert, ein Großpreußen geschaffen worden wäre:
sondern daß et patriotischer gehandelt sein würde, dahinzuwirken, damit alle
süddcutschen Staaten zugleich in den Vund eintreten, wie es jetzt geschiebt,
und daß so ein Deutscher Bund hergestellt werde. Der zweite Grund war
der, daß der Artikel 4 der Nicolsburger Friedenspräliminarien und des Pra-
ger Friedens im Wege stünden; indem auch von Hessen in dem geschlossenen
Friedensvertrage gewisse Verbindlichkeiten, die ich nicht näher zu bezeichnen
brauche, da sie allgemein bekannt sind, übernommen worden waren. Der
dritte Grund war der, daß man ja schon damals wußte, daß das eifrige Drin-
gen Badens, in den Norddeutschen Bund aufgenommen zu werden, ren
Preußen zurückgewiesen werde, worin für die Hessische Regierung keine Ver-
suchung liegen konnte, sich einer ähnlichen Zurückweisung anzusetzen, so lange
für Preußen die Dinge noch nicht gereift schienen. Das waren die Grünee.
Aber nichtedestoweniger hatte die Regierung, wie jeder Werständige, sich
schon damals gesagt, daß namentlich in dem durch den Friedensrertrag zwi-
schen Nord und Süd zweigetheilten Hessen die Zustände so nicht bleiken
könnten. Aber nicht blos in Baden und Hessen drängte sich die Lage zu
einem Widerzusammenschluß von Nord und Süd, zu einem gemeinsamen
Deutschen Bunde; auch in Baiern und Würtemberg arbeitete sich die öffent-
liche Meinung in gleicher Richtung durch, und Sie werden sich erinnem,
mit welchem Enthusiasmus zu Anfang des Jahres 1867 ein Programm,