450 Hessen. Verhandlungen der zweiten Kammer.
Portefeuille, sich von Berlin nach Wien begab, um dort, zunächst zwar im
Auftrage Baierns, aber auch im gleichzeitigen Auftrage Preußens, welches
den Preußischen Gesandten in Wien angewiesen hatte, die Bestrebungen
des Grafen Tauffkirchen zu unterstützen, für ein Bündniß zugleich zwi-
schen Preußen und Oesterreich zu wirken. Die Verlegenheiten jedoch,
die man Baierischer Seits bei Preußen unterstellte, wurden beseitigt
und gerade die Vorschläge über die Reconstruktion des Zollvereins,
welche in Berlin gemacht wurden, zeigten, daß bezüglich der Grundlagen
der nationalen Verbindung des norddeutschen Bundes zu den süddeutschen
Staaten die Anschanungen Preußens andere seien, als die von Baiern und
Würtemberg während jener Phase der Luxemburgischen Differenz bei ihm
unterstellten. Die Preußische Regierung — Sie wissen das — kündigte
nunmehr an, daß die süddeutschen Staaten, welche nicht die Vorschläge zur
Reconstruction des Jollvereins und was damit inclusive des Zollparlaments
in Verbindung stehe, annehmen wollten, den Zollverein für ihnen gekündigt
ansehen könnten. Baiern glaubte sich nicht in der Lage, einem Ausschluß
aus dem Zollverein sich aussetzen zu dürfen. Indem es seine Zustimmung
zu den Propositionen Preußens gab, änderte sich die bisher von ihm und
Würtemberg bezüglich der nationalen Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde
befolgte Politik. Schon bei jener Zusammenkunft der Minister in Berlin,
welche die Reconstruction des Zollvereins zum Zweck hatte, gab — wenn ich
recht unterrichtet bin, — Fürst Hohenlohe, der Minister der auswärtigen Ange-
legenheiten von Baiern, das Project als obsolet, als durch neuere Thatsachen
überwunden und unmöglich geworden auf, welches er kaum erst mit Würtemberg
verabredet gehabt hatte. Damit war aber eine neue Fordenmg an Baiern
gestellt, nämlich die: mit sich ins Reine zu kommen, auf welcher anderen
Grundlage deun die nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde,
welche durch den Prager Frieden stipulirt und in Aussicht gestellt war, zu
Stande kommen solle? Es verging über solche Erwägungen das Jahr 1867,
und im Beginn des Jahres 1868, als der Zeitpunkt herannahte, mit wel-
chem das erste Jollparlament zusammentreten sollte, ron dessen vermuthetem
Geiste man in Bezug auf die nationale Einigung weitgehende Vorschläge
erwartete, damals schien es von dringender Erforderniß, sich über die Grund-
sätze zu einigen, auf welchen das nationale Band zwischen Süd= und Nord-
deutschland beruhen solle. Die Großherzoglich Hessische Regierung hat da-
mals einen Anstoß zu näherer Verabredung zunächst mit Baiern gegeben;
sie hat in officiellem Gedankenanstausch den Wunsch geäußert, daß Baiem
die Juitiative ergreifen möge, um eine nationale Einigung mit dem Nord-
bunde auf anderer Basis zu Staude zu bringen, als diejenige, von welcher
die Baierisch-Mürtembergische Verabredung vom 6. Mai 1867 ausgegangen
war. Sie beschränkte sich aber nicht darauf. Ich bin damals mit dem
Vertrauen geehrt worden und habe in München über diese Aufgabe mit dem
Hei#m Fürsten Hohenlohe Rücksprache genommen. Ich habe nicht das Recht,
zu sagen, in welcher Weise meine Eröffnungen aufgenommcn wurden, aber