468 Heffen. Verhandlungen der zweiten Kammer
sondern „hessisch“ gewählt wurde. Meine Herren, man sagt weiter, der
Mangel an „Freiheit“ in der neuen Verfassung ist so verletzend. Es ist
von verschiedenen Seiten betont worden, daß „die Grundrechte“ fehlten,
nicht zwar gerade die Grundrechte von 1849, aber „die Grundrechte,
die mit dem Menschen geboren würden.“ Nun, meine Herren, ich
frage einfach — es dient dies zur Aufklärung der Situation —: hat denn
Eine der süddeutschen Regierungen, die Baierische, Würtemberger oder unsere
Hessi sche sich ereifert, damit diese „Freiheiten“" in die Verfassung kämen?
Wie glücklich würde ich sein, wenn die süddeutschen widerstrebenden Re-
gierungen erklärt hätten: „Preußen, wir wünschen auch noch die und die
Freiheiten hineingesetzt.“ Es soll mich freuen, wenn Se. Exzellenz
hier gerade so öffentlich konstatiren kann, daß er „die Grundrechte des
deutschen Volkes,“ diese Garantien für die Freiheit des Volkes, in
Versailles verlangt hat, wie er hier nach der Herrn von Gagern
gegebenen Erklärung das „Oberhaus“ verlangt hat. In diesem Oberhaus
finde ich, offen gesagt, wenn namentlich der Vundesrath noch daneben
bestehen soll, gerade keine Garantie der Freiheit, am wenigsten daun, wenn
die Aussicht eröffnet wird, daß in diesem Oberhaus sitzen sollen die deposse-
dirten Regenten, welche jetzt theilweise wahrhaft landesverrätherisch gegen die
Befreiung und Rettung des Vaterlandes ankämpfen. Wenn ein Oberhaus
geschaffen werden soll, wohlan es mag geschaffen werden, aber auch mit
neuen Freiheiten des Volkes und so Gott will nicht in der angedeuteten Weise
componirt. Also, warum wurde nicht von den Gegnern dieses Nordbundes,
dieses Henkers aller Freiheiten und was ich alle für Ausdrücke gehört und
gelesen habe, anders gehandelt? Hat denn etwa der Hessische Bevollmächtigte,
als äbnliche Fragen in Berlin discutirt wurden, erkärt, er persönlich und
seine Regierung seien für Freiheiten in diesem Sinn? Ich habe etwas
Aehnliches nicht gehört, das aber weiß ich, daß die Vorbehalte, die Seitens
unserer Regierung gemacht wurden, kein Nutzen für unser Land sind. Daß
die Militär-Convention in vieler Beziehung uns nicht nützlich ist ist klar,
und daß die Bierbesteucrung eine bestimmte Classe von Staatsbürgern offen-
bar härter trifft ist kein Vorzug, keine Freiheit, nicht einmal eine „berechtigte
Eigenthümlichkeit“. Also, meine Herren, man komme nicht und sage, wie vor-
hin vron Herrn Dumont gesagt wurde: die Preffreiheit wird gefährdet, in-
dem sie dem Reichstag überwiesen wird. Meine Herren, will etwa Herr
Dumont emnstliche Befürchtungen für die Hessische Preßfreiheit haben 7!
Oder findet es Herr Dumont nicht auch wunderbar, daß der Hessische Bevoll-=
mächtigte, der Baierische, der Würtemberger nicht ein Wort hatten bei dem
Verfahren gegen Jakoby, was nach meiner Ansicht allerdings unverantwort-
lich war und wofür kein Rechtsgrund vorlag. Ich mißbillige die Anschauungen
Jakoby's bezüglich unserer Stellung zu Elsaß und Lothringen und bedauere
sie tief; er hat aber nichts positiv Strafbares gethan, und es lag keine Ver-
anlassung vor, gegen ihn mit Verhaftung vorzugehen. Welches Bundes-