Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Metz. 469 
ratbemitglied trat übrigens vor und sagte: wir wollen in der Beziehung 
die Freiheit, haben Anträge gestellt, wir wollen nicht mehr, daß der. 
Milifarismus sich so breit macht? Das geschah nicht. Ich sage deßhalb, 
diese Redensarten von Freiheit, die aus manchem Munde kommen, sind 
mir vielfach verdächtig. Ich darf übrigens hoffen, daß die Ereignisse der 
letzten Jahre auch Manchen belehrt haben und daß die Zeit gekommen, wo 
gerade der Kampf für die Freiheit, für den inneren Ausbau der 
Verfassung im Sinne des Volks kräftiger geführt werden kann, 
weil gewisse spaltende Fragen jetzt gar keine Fragen mehr bleiben. Meine 
Herren, ich komme zu dem Punkt, der mir schon einmal sehr bitter bekam 
und der mir vielleicht wieder bitter bekommt. Ich bin nicht gebunden durch 
diplomatische oder sonstige Rücksichten; ich spreche offen, obgleich ich vermuthe, 
daß man es in Berlin und Wien und an anderen Orten nicht gern hört. 
Es ist die Frage des Verhältnisses zu Deutsch-Oesterreich. Meine 
Herren, in bin überzeugt, daß Deutschland zu voller Kraft, das deutsche 
Besen zu voller Harmonie, Innigkeit und Entwickelung erst dann kommt, 
wenn auch die Deutsch-Oesterreicher zu uns gehören, während sie jetzt, wie 
die Sache liegt, uns entfremdet sind und immer mehr entfremdet werden 
kennen. Wir, gerade die Männer, die bisher für die jetzt siegreichen Ideen 
fechten, wir wollen auch, daß Deutsch-Oesterreich mit dem deutschen 
Reich verbunden werde. Wir können nur und konnten bisher, gegenüber 
den Bestrebungen Oesterreichs und gegenüber den thatsächlichen Verhältnissen, 
die Staatsform nicht finden, die ohne die Einheit Deutschlands zu zer- 
steren es ermöglichte Oesterreich hereinzuziehen. Es muß doch vor allen 
Dingen die deutsche Reichsgewalt die oberste Behörde, die wahre Central= 
gewalt auch für Deutsch-Oestereich sein, und es hat sich bis jetzt eine Form 
nicht gefunden, die das ermöglicht ohne Oesterreich zu zerreißen. Ich sage 
effen, meine Herren, Niemand von uns hat ror 5 Monaten ahnen können, 
was mit Elsaß und Deutsch-Lothringen geschah, Niemand hat vor 5 
Jahren ahnen können, daß wir heute über diese Deutsche Verfassungsvorlage 
berathen und beschließen würden. Aehnlich kann es mit Deutsch-Oesterreich 
gehen, woselbst der deutsch-französische Krieg eine ächt deutsche Gesinnung in 
unrerhofft starker Form und in unerwartet weiten Kreisen zu Tage rief und 
in welchem das deutsche Bewußtsein plötzlich mit ungeahnter Kraft hervor- 
tat. Ich darf hoffen, daß diese Bewegung mehr und mehr Platz greift. 
Auf der anderen Seite fürchte ich, daß Dinge eintreten, die den jetzigen Be- 
stand des österreichischen Gesammtstaates nicht fortdauern lassen. Für diese 
Möglichkeit ist — was auch der ehrliche Gegner zugestehen muß — das 
Deutschland, wie es jetzt geschaffen ist, eher in der Lage gegenüber den feind- 
lichen slavischen und sonstigen Bestrebungen einzutreten für die Rettung der 
deutschen Brüder in Oesterreich als das frühere zerfahrene und zerrissene 
Dattschland. Jedenfalls hoffe ich daß Deutsch-Oesterreich, aber auch nur 
Deutsch-Oesterreich diesem neuen Deutschland nicht vorenthalten werden
	        
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