492 Würtemberg. Kammer der Abgeordneten.
Bundesglieder; für die Zahl der von sedem zu führenden Stimmen
find die Vorschriften für das Plenum der vormaligen Bundesversammlung
zu Grunde gelegt.
Der Bundesrath beschließt über die dem Reichstag zu machenden Vor-
lagen und die von demselben gefaßten Beschlüsse; seine Zustimmung zu den
Bundesgesetzen ist erforderlich, und zwar müssen zu Abänderung der Bun-
desverfassung nach den Verträgen zu Ziffer I. drei Viertheile der im Bun-
desrathe vertretenen Stimmen ihr Einverständuiß aussprechen; nach den
Verträgen mit Baiern (oben Ziffer lI.) gilt eine beantragte Verfassungs-
änderung schon dann als abgelehnt, wenn sie im Bundesrathe 14 Stimmen
gegen sich hat.
Bezeichnend für den föderativen Charakter der Reichsverfassung bezüg-
lich des Gesetzgebungerechts ist insbesondere die Bestimmung, daß dem
Reichsoberhaupt der Regel nach gegenüber von einem durch den Bundes-
rath und Reichstag beschlossenen Gesetz kein Veto zusteht. Nur bei Ge-
setzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegsmarine und über die in
Art. 35 der Verfassung bezeichneten Abgaben giebt im Falle einer Mei-
nungsverschiedenheit im Bundesrath die Stimme des Präsidiums den Aus-
schlag, wenn sie sich für die Aufrechterhaltung der bestehenden Einrich-
tungen ausspricht.
Allein nicht nur bezüglich der Gesetzgebung, sondern auch hinsichtlich
der vollzichenden Gewalt des Bundes ist durch die dem Bundesrathe ein-
geräumte Stellung den Regierungen der einzelnen Staaten ein weitgehen-
der Einfluß eingeräumt.
Die Verfassung giebt nämlich dem Bundesrath das Recht, über die
zur Ausführung der Bundesgesetze erforderlichen allgemeinen Verwaltungs-
vorschriften und Einichtungen sowie über Mängel, welche bei der Aus-
führung der Bundeksgesetze oder der eben erwähnten Einrichtungen und
Vorschriften hervortreten, Beschlüsse zu fassen. Der Bundesrath übt hienach
Rechte aus und theilt solche mit dem Bundespräsidium, welche nach
sonstigen konstitutienellen Anschauungen dem Staatsoberhaupt allein
zukommen.
Erweitert wurden die eben erwähnten Rechte des Bundesraths ge-
genüber der Verfassung des Norddeutschen Bundes durch die Verträge mit
den süddeutschen Staaten. Hienach ist zur Kriegserklärung, abgesehen von
dem Falle eines feindlichen Angriffs, die Zustimmung des Bundesraths
erforderlich, und die Exekution gegen Bundesglieder wegen Nichterfüllung
ihrer Bundespflichten kann nicht mehr vom Bundespräsidium allein ver-
fügt, sondern nur vom Bundesrathe beschlossen werden.
Zur Erleichterung seiner Thätigkeit bildet der Bundesrath aus seiner
Mitte dauernde Ausschüsse, zu welchen nach den Verträgen mit Baiern
auch ein Ausschuß für die auswärtigen Angelegenheiten kommen soll; in
letzterem wird verfassungsmäßig Würtemberg Sitz und Stimme haben.