Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Kommisfionsbericht. 497 
* 12. 
Der letzte Punkt, dessen eingehender Erörterung in diesem Bericht wir 
für gebeten erachten, betrifft die Bestimmungen über das Bundesfinanz- 
wesen. Hier tritt uns ein weiterer konstitutioneller Einwand gegen die 
Bundeeverfassung entgegen. Der Art. 69 besagt, daß alle Einnahmen und 
Ausgaben des Bundes für jedes Jahr veranschlagt und auf den Bundeshaus- 
halts-Etat gebracht werden müssen, welcher vor Beginn des Etatsjahres durch 
ein Gesctz festzustellen sei. Die dem Reichstag gebührende Stellung ist hie- 
lach im Allgemeinen gewahrt und ausdrücklich vorgeschrieben, daß sowohl 
die Einnahmen als die Ausgaben des Bundes der jährlichen Anerkennung 
durch den Reichstag im Wege der Gesetzgebung bedürfen. Allein es wird 
geltend gemacht, daß es doch an der konsequenten Durchführung dieses Grund- 
satze, und an einem über jeden Zweifel erhabenen Steuerverwilligungs= be- 
ziebungsweise Steuerrerweigerungerecht fehle. 
BWir haben nun diesem Vorwurf näher auf den Grund zu sehen. 
Was zunächst die Bundes-Ansgaben betrifft, so kann darüber kein 
Zweifel obwalten, daß jede Volksrertretung, insbesondere also auch der 
Reichstag, die Verpflichtung hat, diejenigen Ausgaben zu verwilligen, und 
die Mittel zu deren Bestreitung herbeizuschaffen, deren Nothwendigkeit auf 
einem Gesetze oder auf einem sonstigen bleibenden Rechtstitel beruht. Wir 
rermögen daher in der Bestimmung, daß bei Feststellung des Militairausgabe- 
Etats die auf Grundlage der Verfassung gesetzlich feststehende Organisation 
des Bundesheeres zu Grunde zu legen sei, nichts Anomales zu finden, und 
war um so weniger, als ausdrücklich bemerkt ist, daß die Verausgabung der 
Summe für das gesammte Bundesheer und für dessen Einrichtungen durch 
das Etatsgesetz festgestellt werden solle. Nur bis zum 31. December 1871 
bat der Bundesfeldherr zur Bestreitung des Militairaufwands eine bestimmte 
Summe zur freien Verfügung. Für diese Zeit besteht somit eine Ausnahme 
ren dem einer Volksvertretung zukommenden Ausgabeverwilligungsrecht. Von 
da an tritt auch bei den Militairausgaben der oben enwähnte konstitutionelle 
Grundsatz der Feststellung und Verwilligung durch das Etatsgesetz in Kraft, 
relcher an anderen Stellen wiederholt für alle gemeinschaftlichen Ausgaben 
mit dem Anfügen ausgesprochen ist, daß dieselben in der Regel für Ein 
Jahr bewilligt werden sollen. 
Bezüglich der Bundeseinnahmen rerweist die Bundesverfassung zunächst 
auf die Zölle, die gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und die aus dem Post- 
und Telegraphenwesen fließenden gemeinschaftlichen Einnahmen, wogegen selbst- 
rertändlicher Weise nichts einzuwenden ist. Insoweit diese Einnahmen nicht 
ausreichen und solange Bundessteuern nicht eingeführt sind, sollen von den 
einzeinen Bundesstaaten Matrikularbeiträge erhoben werden, welche bis zur 
Hebe des budgetmäßigen Betrages durch das Präsidinm auszuschreiben seien. 
Ratrialien 11L 32
	        
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