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bei manchen dieser Veränderungen keineswegs bloß um die einfache Er-
setzung eines Wortes durch das andere, sondern um eine weitere sach-
liche Erwägung“ Ich glaube, meine Herren, daß dieses Kaiserthum
nach und nach viele Veränderungen nach sich ziehen kann. Es hat einer
der Chefs der annexionistischen Partei im Reichstage wohl mit Recht be-
merkt: „Der Name Kaiser ist mehr, als ein bloßes Wort; nie war Deutsch-
land in einer so kräftigen Monarchie geeinigt, wie das neue Koiserreich
sein wird." Meine Herren, man hat bis jetzt Monarchien gekannt; Kaiser
über den Königen — das ist etwas Neues, außer etwa in Japan: mit
dem Kaiser über den Daymios weiß ich keine gleiche Einrichtung. Im
deutschen Reiche waren die Fürsten Vasallen, und ich glaube, das werden
sie auch jetzt werden. Ich weiß nicht, meine Herren, ob für die Duynastien,
und ich zweifle sehr, ob für die Länder zweckmäßig gesorgt worden ist durch
dieses Kaiserreich. Nach meiner Ansicht werden die Süddeutschen (von
denen ich zunächst spreche, die Andern find es ja materiell schen) dadurch
nickt nur materiell, nein, sie werden auch formell mediatisirt, und ich
glaube, meine Herren, wenn man einmal formell mediatisirt ist, so wird
die Annerion nicht mehr lange auf sich warten lassen. Meine Herren, ich
würde ein solches Ereigniß tief beklagen und ich werde für meinen kleinen
Theil nicht dazu beitragen; aber es wird Leute geung geben, welche diesen
Schluß aus dem, was jetzt vorgeht, ziehen, ihn als eine nothwendige
legische Folgerung betrachten werden, und, meine Herren, — Sie alle
waren ja bei den Wahlen — Sie werden viele Stimmen aus dem Volke
gehört haben, welche diesen Schluß ohne jede Juitiative von unserer Seite
von sich aus bereits zogen. Meine Herren, sehen wir nun etwas näher,
wie die Rechtsverhältnisse sich gestalten. Die Verfassung sagt in dem
amendirten Artikel, welcher in Berlin als Musterfassung für die künftigen
Abänderungen angenommen wurde: „Das Präsidium steht dem Könige
ron Preußen zu, welcher den Namen Kaiser führt. Der Kaiser hat das
Reich völkerrechtlich zu vertreten, Namens des Reichs Krieg zu erklären
und Frieden zu schließen, Bündnisse und andere Verträge mit fremden
Staaten einzugehen, Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen.“ Nun,
meine Herren, gebe ich zu — und es freut mich immer, wenn ich etwas
anzuerkennen habe, was ich als eine wenn auch ungenügende Fürsorge
betrachten kann — ich gebe zu, daß die Bestimmungen der Nordbundsver-
fassung hierüber insofern eine Verbesserung erfahren haben, als in dem
verliegenden Entwurfe bestimmt worden ist: „Zur Erklärung des Krieges
im Namen des Bundes ist die Zustimmung des Bundesrathes erforderlich,
es sei denn, daß ein Angriff auf das Bundesgebiet oder dessen Küsten
ertelgt." Ich glaube aber, meine Herren, daß diese Bestimmung eine mehr
scheinbare, als wirkliche Bedeutung hat; denn ehe der Krieg erklärt wird,
find bekanntlich immer diplomatische Verhandlungen vorausgegangen, welche
die Sache gewöhnlich bereits in eine Lage gebracht haben, in welcher die