514 Würtemberg. Kammer der Abgtordneten.
meine Herren, es ist anerkannt worden und zwar auf den Antrag des Herrn
Abgeordneten Hölder, dem ich dafür in der Kammer meinen Dank bezeugt
habe, durch einen auèdrücklichen Beschluß der Abgcordneteukammer, dem vom
Ministertische nicht widersprochen wurde, anerkannt worden, „daß durch die
Verwilligung der Geldmittel für die Orgauisation des Heeres die Fortdauer
der letzteren über die Etatesperiode 1867—70 nicht anerkannt sei, daß riel-
mehr den folgenden Kammem die selbstrerständliche Befugniß aueèsdrücklich
gewahrt werde, ohne Rücksicht auf jene Organisation die Summe der Geld-
mittel für das Departement des Kriegswesens nach ihrem Ermessen festzu-
setzen", worin namentlich der Vorbehalt lag, daß das Maß der Präsenz auf
jedem Landtage im Wege des Budgetbeschlusses herabgesetzt werden könne.
Und, meine Heeren, dieß ist auch schon im Jahre 1968 geschehen; denn nach
den Beschlüssen der Ständerersammlung über die Geldvenvilligung war nur
eine 21monatliche Präseuz bei den Jußwaffen möglich. Nun, ureine Herren,
ist JIhnen bekannt, daß im Frühjahr dieses Jahres eine lebhafte Vewegung
durch unser Land ging in Folge der gewennenen (Erfahrung über das Lästige
des Kriegedienstgesetzes reom Jahr 1868, lästig für den Mann wegen der
langen Präsenz, lästig für seine Familic wegen der langen Unterstützung des
Sohnes in der Kaserne, und lästig für die Finanzen, indem die Steuem
um 10 pCt. erhöht werden mußten. Es ist also — wie gesagt — eine leb-
hafte Bewegung wegen dieser Lasten durch das Laud gegangen, wobei ich
anerkennen will, daß diese Bewegung durch eine Agitation wesentlich unter-
stützt wurde. Aber es kann denn dech kein Zweifel darüber sein, daß auch
ohue diese Agitation die in Folge des bestebenden Kriegodienstgesetzes einge-
tretene Präsenz als ungemein lästig empfunden wmde. Sie erinnern sich
auch, meine Herren, daß in der letzten Kammer 45 Stimmen den Antrag
gestellt haben, eine Erklärung an die Regierung zu richten, worin ausge-
sprochen werden sollte, daß die Kammer eine wesentliche Herabsetzung der
Präsenz, etwa auf ein Jahr, in Anspruch nehmen müsse, und worin die
Regierung ersucht werden sollte, einen neuen Etat zum Zwecke der Erleichte-
rung der Militärlasten einzubringen. Dieß ist denn bekanntlich auch von dem
Herm Kriegsminister v. Suckow geschehen in einer Vorlage, welche mit
Note des Finanzministerimms vom 9. Juli 1870 den Ständen mitgctheilt
wurde. In dieser Vorlage, meine Herrcn, hat der Her Kriegsminister er-
örtert, durch welche Maßregeln eine Erleichterung herbeigeführt werden könnte,
und er hat bei den Jußwaffen eine Präsenz von 171 Menaten, welche in
zwei Abschnitten zu leisten sei, zu Grunde gelegt; er hat sodann auch in der
Formation einige Veränderungen vorgeschlagen, und er hat berechnet, daß
der von Herm r. Wagner vorgelegte Militärctat um 592,000 Gulden oder
rund um 600,000 Gulden sich rermindern werde. Nun meine Herren, an-
gesichts dieses Anerkenntnisses von Seiten der Regierung baben wir jetzt eine
Vorlage in den Verträgen, wenach für alle Waffengattungen eine 36monat=
liche Präsenz festgesetzt werden soll! Aber, meine Herren, dies ist nicht die