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in Würtemberg eine der großen Errungenschaften der Jahre 1848 und 1849,
daß alle amtlichen Preßprozesse und alle politischen Prozesse jeder Art vor
die Schwurgerichte verwiesen worden sind. Cs ist dies ja auch der eigent-
liche Eck= und Grundstein der bürgerlichen Freibeit bei allen Völkern, welche
sich auf Ereibeit versteben. So viel ist also gewiß, meine Herren, daß die Frei-
beit durch die vorliegende Verfassung in hobem Grade bloßgestellt und bedroht
iit. Ich gebe im Hinblick auf manche der sogenannten Grundrechte zu, daß
durch deren Aufnahme nicht durchgängig etwas gewonnen worden wäre:
aber in den Bestimmumgen, deren ich so eben erwähnt habe, handelt es sich
ren krobenden oder positiven Einbußen an den wichtigsten Bedingungen der
Erribeit. Ich bätte noch Vieles über eine Reihe anderer Gesetzgebungsfragen
zu sagen, welche in der vorliegenden Verfassung der Bundesgesetzgebung vor-
kebalten werden. Um jedoch die Geduld der boben Kammer nicht zu sehr
z ermüden, glaube ich mich darauf beschränken zu sollen, einige wenige
Punkte herrorzuheben. Da ist z. B. das Münzwesen. Meine Herren,
man wird sagen: das Münzwesen sei in Nordamerika und in der Schweiz
auch Bundessache und wenn irgend etwas so eigue sich dieser Gegenstand
für die Bundesgesetzgebung. An und für sich, meine Herren, bestreite ich
dieß nicht; aber es liegen hier besondere Verhältnisse ror, welche es sehr be-
denklich machen, das Münzwesen in die Händc dieses Bundes zu geben.
Sie wissen, meine Herren, daß schon lange eine Weltmünze verhandelt wird
und daß als solche von verschiedenen Seiten der Frankenfuß vorgeschlagen
wurde. Derselbe eignet sich auch wohl ganz besonders für Deutschland, da der
Frankenfuß in Franlreich, Italien, der Schweiz, Belgien, Griechenland ein-
geführt ist, da er also seinen Weg schon durch halb Europa gemacht hat,
und da kein anderee Münzfuß mehr Aussicht hat, Weltmünze zu werden.
Man hat sich aber soweit mir bekannt von preußischer Seite bis jetzt nicht
kereit erklärt denselben anzunehmen. (és ist auch n Preußen und in Nord-
kansschland überhaupt die Gewöhnung an Thaler nind Groschen eine so ein-
gewurzelte, daß man daselbst bei jeder Gelegenheit für irgend einen Münz-
fuß und eine Eintheilung plaidiren hört, welche wieder mit dem Thaler und
seinen Theilstücken verträglich sein und die Beibehaltung dieser Münzen im
Verkehr ermöglichen soll. Eine Entscheidung über die Münzfrage für Deutsch-
lund im Wege der Bundesgesetzgebung setzt uns daher der Gefahr aus, ein
Münzsystum zu bekommen, welches dem Zustandekommen einer Weltmünze
binderlich und uns nicht passend ist. Es wärc, wenn die auf Annahme des
fuunzssischen Münzsystems durch alle Verhältnisse hingewiesenen süddeutschen
Staten ihr Gesetzgebungsrecht behielten, viel wahrscheinlicher, daß der Franken-
fuß durch eine Uebereinkunft in Deutschland eingeführt würde als auf dem
Dege der Bundc#gesetzgebung. Was die Civilgesetzgebung betriftt, so
wiederholt der vorliegende Verfassungsentwurf zwar nur die Bestimmung der
Nerddeutschen Bundesverfassung: daß das Obligationenrecht, das Wechsel= und
Handelerecht Sache der Bundesgesetzgebung sein sollen; aber, meine Herren,