Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

522 Würtemberg. Kammer der Abgcordneten. 
von denen jeder in seinem eigenen Wasser schwamm; jetzt werden sie als 
Karpfen in den Teich des Hechtes gewerfen. Meine Herren, in einem 
Bunde, in welchem ein solches Uebergewicht eines Staates und eine solche 
Tendenz in diesem Staate herrscht, da kann man mit Sicherheit sagen 
wird diese Tendenz immer weiter gehen. Meine Herren, selbst der Herr 
Präsident des Bundeskanzleramtes hat in der Rede zu Eröffnung des 
Reichstages gesagt, diese Verträge seien wieder ein weiterer Schritt; er hat 
damit selbst angedentet, daß die Zukunuft weitere Fortschritte in der Unifi- 
kation bringen werde. Auch im Reichstage war man eigentlich darüber sehr 
ruhig; wäre man es auch nicht gewesen, so läge es doch zu sehr in der 
Natur der Sache, als daß man sich darüber Illusionen machen könnte. 
Meine Herren, ich möchte meine Zustimmung nicht zu einem Vertrage 
geben, welcher die Mediatisirung unserer Donastie und unseres Landes zur 
Folge hat; ich werde alse gegen den Vertrag stimmen! 
Elben"): Es ist uns so eben von dem Herrn Abgeordneten von 
Aalen ein wahrhaft düsteres Bild der Zukunft unseres Vaterlands entrollt 
worden, ein Bild, wie es nur der Herr Abgeordnete von Aalen schildern 
kann. Ein neuer Herzog von Alba wird durch die Lande gehen; wir sind 
die Karpfen in einem Hechtteich, ja wir sollen gar ein Korn sein, das 
zwischen Frankreich und Oesterreich wie zwischen zwei Mühlsteinen zerrieben 
werden felle im nächsten Kriege — in diesem gräßlichen Bilde erscheint 
daun als eine friedliche Idulle der Zustand unter dem alten Bundestage. 
(es hat mich dieß eriunert an die Meinung, welche noch vor einem halben 
Jahre in so viclen Kreisen Süddentschlands geltend gemacht wurde, die 
Meinung nämlich, daß bei einem Kriege Deutschlands mit Frankreich 
Preußen uns nimmermehr schützen würde, daß Deutschland in einem solchen 
Kriege der linke Arm fehle. Der Herr Abgeordnete ven Aalen selbst war 
es, welcher in einer früheren Sitzung dieses Hauses, am 29. Oktober 1867, 
verkündigt hat, „Preußen sei unser einziger Feind, und in einem Kriege 
mit Frankreich könuce, wolle und werde Preußen uns nicht schützen.“ Ueber 
solche Anschanungen hat der Deutsche Krieg von 1870 sein Urtheil abge. 
Jeben; es ist mit solchen Vorurtheilen gründlich aufgeräumt worden. Es 
sollte denke ich an der Zeit sein, auch mit einem andern Vorurtheile auf- 
zuräumen. Dieß ist das von derselben Seite wiederholte Vorurtheil, als 
ob im Nerdbund und künftig unter der von der bisherigen nur wenig 
abgeänderten Verfassung im Deutschen Reiche nichts sei als Krnechtschaft 
und Unfreiheit. Die letzten Wahlen in unserem Lande, und wie ich hoffe 
die Verhandlungen in diesem Hause werden dazu beitragen, dieses Vor- 
urtheil wegzuräumen und in das Gebiet der Märchen zu verweisen, ebenso 
wie das andere von der Ohnmacht Deutschlands sein eigenes Gebiet zu 
*) S. 33 l. u.
	        
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