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werden: die Militäreinrichtung, viele Steuern und anderes in der Reichs-
rerfassung von 1849 mindestens so einheitlich aufgefaßt waren als jetzt
und für diese Reichsverfassung hat bekanutlich im April 1849 von dem
würtembergischem Volk eine Erhebung stattgefunden, worauf heutzutage
noch das würtembergische Volk stolz ist. Es kam dann eine Zeit der Er-
schlaffung, aber vergeblich war dasjenige, was in jenen beiden Jahren ge-
schehen ist, in keiner Weise und es waren die geistigen und materiellen
Kämpfe der früheren Jahre und namentlich dieser beiden Jahre nothwendig,
wenn überhaupt einmal in Deutschland Etwas besser werden sollte. Man
bat stets wieder an das Bewährte aus dem Jahre 1848 angeknüpft und
sehr viele Bestimmungen der jetzigen Reichsverfassung sind gerade aus der-
seuigen von 1349 entsrrungen. Wir haben uus allerdings in Einem ge-
läuscht in dieser Zeit, wir haben geglaubt, daß es von einem gütigen Ge-
sckicke dem deutschen Volke beschieden sein sollte, im Frieden zu seiner
Vellendung, zu seiner Eiuheit zu gelangen. Das war leider nicht der
Fall, der Dualiemus, der das deutscke Volk darniederhielt, der Widerstreit
zweier europäischen Großmächte innerhalb des alten Bundes war nicht
durch die Arbeit der Geister allein zu lösen; ed bedurfte kräftigerer Mittel
dazu. Wir beklagen es, aber wenn wir auf die Geschichte aller National-
slaaten in der alten und neuen Zeit schauen, so können wir nicht leugnen,
daß nirgends Nationalstaaten ohne Gewalt, ohne Kampf gegründet worden.
sind, und so ist es eben auch Deutschland beschieden gewesen. Es waren.
rerhältnißmäßig Menige in unserem Süden, welche nach dem Kriege von
1866 die ganze Bedeutung dieses Krieges alsogleich eingesehen und sich
debhalb mit diesem Kriege ausgesöhnt haben. Die Gewalt war eine zu
Noße, namentlich für die weiteren Kreise des Volkes, welchen die feineren
Erwägungen der Geschichte fernliegen, und es bedurfte vielleicht der Wen-
dung, die uns die Geschichte gebracht hat, um eine Sühne eintreten zu
lassen für die Gewalt des Jahres 1866. So schwer wir bis zum heutigen
Tage die graoßen Opfer, weiche auch unser engeres Vaterland gebracht hat,
nehmen müssen, so wehe sie uus ihun, so müssen wir doch anerkenuen,
daß es für die nationale Gestaltung Deutschlands ein Glück war, daß dieser
Nationalkrieg ausgebrochen ist. Und er ist ausgebrochen in einer Weise,
wie es für Deutschland, für die deutsche Staatsgestaltung nicht günstiger
hätte sein können. Es ist vollständig uurichtig, wenn der Herr Abgeordnete
den Aalen meint, nur die Aufstellung der hohenzollern'schen Thronkandi-
datur habe im Grunde diesen Krieg hervorgerufen“), welchen er, wie ich
anerkenne, im Uebrigen als einen Deutschen behandelt hat. Wir wissen ja
jetzt ganz genau, wie die Verhältnisse liegen: daß seit dem Jahre 1866
dieser Krieg geplant war; der Erbfeind hatte besser geschaut, was mit dem
Jahre 1866 geschah, als viele in Deutschland selbst; er hat eingesehen, daß
*) S. oben S. 507.
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Reterialien Ill.