540 Würtemberg. Kammer der Abgeordneten.
nicht mehr die Rede sein könne, so wird es auch andern gestattet sein, ibre
Ansichten über das Maß der Bedingungen, unter welchen die süddeutschen
Staaten in den Deutschen Bund eintreten können, in etwas zu modificiren.
Der Herr Abgeordnete van Hall hat gefragt: warum ein so rascher Ent-
schluß? Die Antwort lantet einfach: deßhalb, weil nur dann etwas erreicht
werden konnte, wenn man sich rasch entschloß. Wenn der Herr Abgeordnete
weiter gefragt hat: warum der Termin des 1. Jannars? so ist die Antwort
zu geben, daß der Präsident des Norddeutschen Bundeskanzleramts diesen
Termin vorgeschlagen hat, soviel ich weiß desbalb, weil das Mandat des
jetzigen Reichstags mit dem Ende des Jahres erlischt, und weil der Bundes-
haushalt am 1. Jannar seinen Anfang nimmt. Der Herr Abgeerdnete hätte
gewünscht, daß einem konstituirenden Reichstag das deutsche Verfassungswerk
überlassen worden wäre. Ja, meine Herren, es konnte eigentlich niemand
eimstlich daran denken, daß Preußen und der Norddeutsche Reichstag zur Feier
des Eintritts der süddeutschen Staaten eine ganz neue Verfassung entweder
selbst ausarbeiten oder sie auszuarbeiten einem konstituirenden Parlament über-
lassen werden. Was einmal gezeigt hat, wie die Norddeutsche Bundesverfassung,
daß es leben, wachsen, wirken kann, das hat nach Vieler Ausicht weit mehr
Anspruch darauf, eine Grundlage zu bilden, als die theoretisch schönst ausge-
arbeitete Verfassungsurkunde. Allerdings, an Verbesserungen der Norddeutschen
Bundesrerfassung konnte man denken und man hat auch daran gedacht, man
bat sich aber überzeugen müssen, daß solche Verbesserungen, wenn sie einen
Gegenstand von größerer Bedentung betreffen, nicht bloß mit ein paar Para-
graphen oder Artikeln in eine Verfassung, wie die des Norddeutschen Bundes,
sich einschalten lassen; manhat sich überzeugt, daß das Eine mit dem Andern
zusammenhängt, seine Konseqnenzen hat, und daß z. B. ein Oberhaus oder
Staatenhaus in die norddeutsche Verfassung nicht eingeführt werden könnte
ohne wesentliche Alteriuung der Ginndlagen einer anderen Institution, des
Bundesraths. So, meine Herren, hat man schließlich eben von allen Seiten
Resignation geübt und hat sich beschränkt auf das, was unmittelbar zusammen-
bängt mit dem Eintritt der süddentschen Staaten in den Deutschen Bund.
Der Herr Abgeordnete hat sodann gesprechen von mangelnder Verständigung
zwischen Baiern und Würtemberg, er bat bingewiesen darauf, daß ein bai-
mscher Minister von einer gewissen Pression gesprochen hat, die auf Baiern
ausgeübt worden durch das Verbalten der andern süddeutschen Staaten, und
es hat der Heir Abgeordnete die Behauptung aufgestellt, die würtembergische
Regierung habe unter Verlassung der Gemeinschaftlichkeit mit Baiern für
sich allein eine Einladung nach Versailles gesucht und gefunden umd dort
nicht die gehörige Verbindung mit den baierischen Bevollmächtigten unter-
halten. Ich muß in dieser Beziehung indem ich mich natürlich mit einiger
Vorsicht auszusprechen babe, bemerken, daß man nach der Münchner Konfe-
renz von allen Seiten davon ausgegangen ist, daß sobald die bairischen
Vorschläge und die würtembergischen Anschauungen vom Bundeskanzler näher