Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

572 Würtemberg. Kammer der Standesherrn. 
sein, se weniger konsolidirt die politischen Verhältnisse erschei- 
nen. Je mehr die Feinde Deutschlands hoffen können, dessen definitive 
Einigung doch noch zu hindern, um so mehr werden sie alle ihre Kräfte 
zu diesem Zwecke aufbieten. Wollen die Mittelstaaten nicht mit ihnen 
gehen, so müssen sie in gleichem Maße ihre Widerstandekraft steigern. 
Ob sie dieß leichter thun, wenn sie allein stehen, als wenn sie einem 
großen Ganzen angehören, ist eine Frage, die sich von selbst beantwortet. 
Es ist also, wenn Deutschland nicht vereinigt ist, die Gefahr der Steige- 
rung des Militäraufwandes im Allgemeinen wahrscheinlicher und im 
Einzelnen empfindlicher. Wo kann da ein finanzieller Gewinn erscheinen? 
Ganz abgesehen wird hiebei von den Verlusten, welche aus der stets fort- 
wuchernden Beunruhigung der europäischen Welt au sich hervorgebt und 
welche wohl zu nicht geringen Summen angeschlagen werden könnte. So- 
dann sollte doch die Erfahrung der letzten Zeit gelehrt haben, daß aller 
Aufwand für das Militär sehr gering erscheint im Vergleich zu dem 
Schaden, welchen der Feind auch bei nur vorübergehenden Erfolgen zufügt. 
Millionen sehen wir in wenigen Tagen auf's Spiel gesetzt, neben Gefähr- 
dung von Leben, Ehre, Integrität der Person! Vorwürfe in der That 
wären jeder Regierung zu machen, die nicht, soweit e5 von ihr alhienge, 
den sichersten Weg geht, unbekümmert um experimentirende Theorieen, bis 
und wann die äußere Weltlage eine andere geworden sein wird. Dieß ist 
einfach ein Gebot der Nothwendigkeit, und wer sich ihm entzieht, hat die 
Folgen zu tragen. Als ein Glück ist es wahrlich anzusehen, daß der Krieg, 
wenn er einmal ausbrechen sollte, zum Ansbruch kam, ehe es gelungen 
war, die Militär-Organisation des Südens zu zerstören! — Eine Prüfung 
aller zu erwartenden Aenderungen unseres Rechtslebens im GEinzelnen in 
der gegebenen Zeit ist unmöglich, dazu würden Menate gehören, und das 
Ergebuniß, sollte es auch wider Erwarten minder günstig ausfallen, könnte 
doch kaum etwas ändern, da die allgemeine Frage von entscheidender Be- 
dentung ist. Beruhigend aber ist wohl der Gedanke, daß tüchtige Kräfte 
bei den Gesetzen mitgewirkt, die ihrer Natur nach auch für uns nun gelten 
müssen, — die Erinnerung ferner daran, wie oft in den Räumen süddeutscher 
Ständehäuser das Bedauern Ausdruck fand, daß jedes Deutsche Bundes- 
land sich eigene Gesetze gebe. Weiche man nun nicht zurück vor dem, was 
so oft als wünschenswerth erkannt wurde, weil sich durch unsere Theil- 
nahme au der Berathung vielleicht dieß oder jenes anders gestaltet hitte; 
dazu ist jetzt die Zeit nicht angethan: wo die Eigenthümlichkeit des Landes 
allzusehr berührt ist, sind ja Ausnahmen für dasselbe erwirkt und zugestan- 
den. Meitere sogenannte Bedingungen für den Eintritt in den Bund zu 
stellen als absolnt geboten, konnte in der That nicht als Aufgabe der 
königlichen Regierung betrachtet werden. Daß dieß bei Baiern in größerem 
Umfange stattgefunden, kann verschiedener Beurtheilung unterliegen. Mauches 
wird in der praktischen Bedentung sich als ziemlich geringfügig darstellen;
	        
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