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mindestens Kenntniß davon haben wollen, wie sich die Politik gestaltet,
welche sie schließlich in ihren Konseguenzen mittragen müssen, die Politik,
die zu Kriegen führen kann, welche wir mit unserem Gut und Blut mit-
zuführen berufen sind? Sicherlich nichtt Es handelt sich hier nicht um
eine Maschine zum Intriguiren, sondern lediglich darum daß die Bundes-
#egierung den Bundesgliedern in Aufrichtigkeit Rechenschaft gebe über ihre
Beziehungen zum Ausland und daß diejenigen Bundesglieder, welche nicht
in der Lage sein können aktiv theilzunehmen an der Handhabung der
Pelitik, doch auch in die Lage versetzt werden, ihren Empfindungen recht-
zeitig Ausdruck zu verleihen. Daß der erste Deutsche Staat nicht im Aus-
schusse vertreten ist, das ist lediglich eine Konseguenz der Aufgabe, welche
man dem Ausschusse gesetzt hat. Der Ausschuß soll Mittheilungen entge-
gen nehmen. Von wem? Gerade von der Bundesregierung. Er soll
Ansichten mittheilen. Zu welchem Zweck" Damit die Bundesregierung
sie kennen lernt. Er soll aber nicht störend eingreifen, und Beschlüsse zu
fassen hat der Ausschuß nach unserem Vertrage nicht. Ob dieser Ausschuß
eine Bedeutung erlangt, wird davon abhängen, ob wir in der Lage sein
werden, die entsprechenden Männer in diesen Ausschuß abzuordnen. Sind
die Mitglieder dieses Ausschusses so, daß ihre Ansichten Werth haben, daß
der Träger der Deutschen Politik es nicht leichten Kaufes wagen darf über
die geäußerten Ansichten hinwegzugehen, daun, meine Herren, wird dieser
Ausschuß eine wesentliche Bedeutung haben. Wenn nicht, dann mag das
eintreten, was der Abg. Windhorst in Berlin gesagt hat, daß der Aus-
schuß die Depeschen um einige Tage früher zu lesen bekommt, als sie dem
Janzen Publikum in den Zeitungen vorgelegt werden. — Die veränderte
zassung des Art. 11, wornach zur Kriegserklärung die Zustimmung des
Bundesrathes nothwendig ist, bedarf in diesem Hause einer Rechtfertigung
nicht. Im III. Abschnitte des Vertrags sind diejenigen Bestimmungen
enthalten, welche zunächst für das Verhältniß zwischen dem Bunde und
Baiern allein maßgebend sind. Hier finden Sie zuerst, daß wir die
Kempetenz des Bundes bezüglich der Gesetzzgebung über das Heimats= und
Niederlassungswesen für Baiern nicht anerkannt haben. Auch dieser Vor-
behalt, von dem ich glaube, daß er hier recht verstanden wird, hat man-
nigfache Anfechtung erfahren. Ich denke mir, wir sind hier auf einem be-
kechtigten partikularistischen Standpunkte, und zwar um so mehr als ich
gewiß nichts Unberechtigtes ausspreche und Niemanden verletze, wenn ich
sage, daß man darüber, ob die Norddeutsche Sozialgesetzgebung wirklich
gelungen ist, noch vielerwärts sehr verschiedener Meinung ist. Ebenso
baben wir das Aufsichtsrecht und die Gesetzgebung des Bundes über das
Eisenbahnwesen nur in beschränkter Weise anerkannt, desgleichen über das
Post= und Telegraphenwesen. In diesem Punkte sind wir einerseits nicht
zu weit gegangen und andrerseits denke ich mir haben wir doch der Ge-
meinsamkeit mit unserem Zugeständnisse reichlich genügt; denn die Grund-
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