Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

600 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
wesen, daß das für den Norddeutschen Bund erlassene Wahlgesetz mit der 
Einführung der neuen Verfassung auf das ganze Bundesgebiet Anwendung 
finden solle, — eine Bestimmung, die meines Erachtens ganz unentbehrlich ist. 
Sräter hielt man es für richtiger'), in dem betreffenden Artikel der Bun- 
desverfassung davon nicht zu sprechen, sondern in dem Schlußartikel über 
die Einführung von Bundesgesetzen in dem neuen Bundesgchiete zu sagen, 
daß unter den Gesetzen, die sofort eingeführt werden, auch das Wahlgesetz 
sich befinde. Davon haben wir erst später Kenntniß bekommen und es 
mußte deßhalb die Fassung etwas geändert werden. Insoweit ist die Aen- 
derung, von der ich sprach, in den berichtigten Irrthümern bereits aufgezählt, 
der Reichstag hat aber für gut befunden, für die schließliche Gestaltung des 
Arttikels 79, wie sie jetzt für uns nothwendig wird, eine Redaktionsänderung 
vorzuschlagen"“) und diese ist so unwesentlich, daß es in der That allen Be- 
theiligten geschienen hat, daß cin Widerstreit dagegen nicht der Mühe lobnt. 
Die zweite Redaktionsänderung betrifft die Ziffer II. des Schlußproto- 
kolls über die Gesetzgebungsbefugniß des Bundes über das Staatsbürgerrecht. 
Es hatten sich nämlich schon hier Zweifel darüber erhoben, was mit der 
Gesetzgebungsbefugniß des Bundes über diesen Gegenstand gemeint sei. Wir 
unsererseits hielten dafür, daß das Gesetzgebungsrecht des Bundes sich nicht 
auf eine förmliche Korrektur der Einzelverfassungen erstrecken dürfe und wir 
wollten mit der Ablehnung des Ausdruckes „Staatsbürgerrecht“ eine soweit 
gehende Kompetenz beseitigt wissen. Die hierauf gegebenen Aufklärungen 
hatten wir nun dahin verstanden, daß auch im Norddeutschen Bunde ctwas 
Aehnliches gar nicht beabsichtigt sei, und so entstand die Fassung des Schluß- 
protokolls, wie sie in dem ursprünglichen Abdruck vorgclegen ist. Im Reichs- 
tage hat man daran Anstand genommen. Manz wollte dort allerdings diese 
weit gehende Kompetenz für die übrigen Staaten des Deutschen Bundes 
aufrecht erhalten oder doch der Aufrechterhaltung dieser Kompxetenz nicht prä- 
judizirt wissen, und hat deßhalb eine Fassung vorgeschlagen, welche dem ent- 
spricht und zugleich unseren Standpunkt vollkommen wahrt““). Auch diesen 
Modifikationen glaubte ich in keiner Weise mich widersetzen zu sollen. 
Endlich habe ich noch zwei Modifikationen zu erwähnen, welche an der 
Bundesverfassung vorzunehmen sind. Davon betrifft die eine den Eingang; die 
andere den Art. 11 der Bundeoverfassung. Es handelt sich hier darum, 
dem Vorschlage unseres allergnädigsten Königs und Herrn Ausdruck zu ge- 
ben, und auszusprechen, daß der Bund, nicht wic ursprünglich in Aussicht 
genommen war, „Deutscher Bund“, sondern „Deutsches Reich" heißt und 
daß dem König von Preußen in seiner Eigenschaft als Bundespräsident der 
Titel „Deutscher Kaiser" zukommt. 
*) S. oben S. 312. 
*) S. oben S. 294 fgg zu Art. 30 der Verfassung, welcher im baierischen Ver- 
trag als Art. 79 gezählt war. 
½% S. oben S. 326.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.