Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Lutz. 601 
Nun noch einige persönliche Bemerkungen. Man hat unsere Ab- 
machungen sehr herbe kritisirt. Wir haben kein Recht, uns darüber zu 
kellagen. Das Werk gehört der Oeffentlichkeit an und muß sich alle 
Kritik gefallen lassen, aber man hat seinen Verdruß über den Partiku- 
lairismus, dem wir uns noch hingegeben haben und von dem ich glaube, 
daß er durch den Partikularismus anderer Deutscher Volksstämme nech um 
ein Beträchtliches übertroffen werden wird, — vielleicht überzeugen wir uns 
bald davon, meine Herren, — man hat dem Unmuth darüber, daß mancher 
rechtgläubige Nationalpolitiker an der Erfüllung seiner Wünsche noch etwas 
entbehren muß, wenn die Verträge angenommen werden, durch Angriffe auf 
die Personen der Unterhändler Luft gemacht; es hat ein Redner gesagt: der 
Geist, der ein großes Prinzip dem andern gegenüber stellt, der etwa eine 
geße Idce des Partikularismus formulirt, der fehle unseren Abmachungen, 
die Minister hätten überall nur für ihre besonderen Departements gesorgt, 
um zu Hause selbstständig zu sein. Meine Herren, was der Herr Redner 
zesagt hat, muß wohl sehr wahr sein, denn der Herr Redner hat es nicht 
allein gesagt. Abgesehen von seinem Kollegen, der sich in ähnlicher Weise 
über die Herrschsucht und Vorurtheile der baierischen Minister, der baierischen 
Militär= und Civilbureaukratie erging, hat Aehnliches, wenn ich in Ver- 
sailles richtig bedient worden bin, ein anderer bedeutender Mann gesagt, 
aber freilich in einer viel früheren Zeit, in einer Zeit, wo ein solch berbes 
Unheil rielleicht mehr thatsächliche Unterlagen hatte, in dem ersten Stadium 
der Verhandlung. Eine solche Uebereinstimmung der Meinungen, meine 
Herren, müssen wir vielleicht als Beleg für die Richtigkeit des abgegebenen 
Urtheils ansehen. Denn das wird doch Niemand glauben, was man sich 
mitunter erzählt, daß Parteien oder Einzelne aus den Parteien irgend woher 
Ordres darüber bekommen, wie sie sprechen sollen; daran glaue ich nicht. 
Und dennoch, meine Herren, muß ich deno Vorwurf, den man uns gemacht 
bat, ablehnen — er trifft uns nicht. Wo ist denn die Selbstständigkeit, die 
sich der Minister des Aeußeren gewahrt hat? Die Denutsche Politik wird auch 
noch unserem Vertrage von Deutschland gemacht und nur darauf haben wir 
bestanden, worauf wir wie ich glaube das Recht haben zu bestehen, daß 
man die Deutsche Politik nicht immer und ewig einfach uns über den Kopf 
binweg macht. Wo ist denn die Selbstständigkeit des Herru Kriegsministers? 
Sein Budget wird ihm in der Hauptsache ven der Reichsregierung zuge- 
sendet. Wenn er erfüllt gewesen wäre von dem Streben selbstständig und 
meglichst wenig behelligt zu sein, dann — verzeihen Sie meine Aufrichtig- 
leit — würde er auch die Detailberathungen nicht in dieses Haus sondern 
in den Reichstag verlegt haben. Denn daß es dort leichter geht als hier 
gewöhnlich, wissen Sie alle recht gut. Endlich wo ist denn meine Selbst- 
ständigkeit, die Selbstständigkeit des Justizministers? Ich habe nicht einen 
bederstrich vor den Justizministern des übrigen Deutschen Reiches mir vor- 
behalten, meine Herren, nicht aus Zwang sondern weil ich fühle und weiß,
	        
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