Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Lutz. Zörg. 603 
de Entscheidung sage ich, meine Herren, — aber ich füge bei, nicht die 
Bahl. Glauben Sie nicht, daß ich mit diesem Ausdrucke einen Eingriff 
in die Kompetenz der Kammer machen will. O nein! Sie können „Ja“ 
slagen, Sie können „Nein“ sagen. Demooch sage ich: Sie haben die Ent- 
scheidung, nicht die Wahl. Sie haben die Entscheidung in dem Sinne, 
wie der Richter die Entscheidung in einem Rechtsfalle hat. Das was Sie 
für Recht erkannt haben, müssen Sie aussprechen, es bleibt Ihnen keine 
Wahl und ich habe die Ueberzeugung: prüfen Sie die Lage Baierns, 
Früfen Sie die Verträge ruhig, — und Sie werden zu dem Satze kommen, 
den ich hiemit ausspreche: — ich wiederhole, nicht in der Absicht um irgend 
ein Recht zu beeinträchtigen — Sie müssen die Verträge annehmen! 
Dr. Jörg als Referent der Ausschußmajorität?): Meine Herren! Seitdem 
der ron Ihnen erwählte besondere Ausschuß mich mit der schweren Bürde 
betraut hat, der ich nun gerecht werden soll, habe ich mit Austrengung aller 
meiner freilich schwachen Kräfte gearbeitet, um durch meine Schuld eine Ver- 
zogerung der Berathung über den hochwichtigen Gegenstand nicht zu veran- 
lassen. Ich will auch jetzt, meine Herren, so viel es mir möglich ist, zur 
Verlängerung der Debatte nicht beitragen und sofort unmittelbar auf die 
Sache selbst eingehen. Als ich an dem unvergeßlichen 19. Juli zum letzten- 
male auf diesem Platze stand, da habe ich mich nicht darin getäuscht, daß 
die Ansichten in diesem Hause in mehr als einem Punkte sehr weit aus- 
einander gehen, ich habe mich nicht darüber getäuscht, — erlauben Sie mir 
das gleich zu bemerken, — daß auf der linken Seite dieses Hauses man mit 
dem Kriege gegen Frankreich nicht blos einerlei Zweck verfolgte. Es ist 
nachher in zahlreichen Organen offen gesagt worden, daß es sich dabei nicht 
klos um die Niederwerfung des französischen Erbfeindes handle sondern auch 
um die Niederwerfung eines anderen Feindes, nämlich um die Nieder- 
werfung der Gegner der nationalliberalen Politik bei uns. Nun, meine 
Herren, durch die vorliegenden Verträge ist dieser Zweck erreicht worden 
— bis an die Pforten dieses Hauses. Sie können das auch lesen 
in dem Ihnen gedruckt vorliegenden Minoritätsgutachten. Sie können 
dort ferner vernehmen, meine Herren, daß wenn an dem vollendeten Werke 
noch einige Kleinigkeiten fehlten, man sich darüber kein graues Haar wachsen 
mu lassen brauche, denn die liberale Masorität des künftigen Reichstages 
) 72. Sitzung vom 11. Junuar 1871. St. B. über die Verhandlungen der baieri- 
schen Kammer der Abgeordneten. St. B. 1870/71 Bd IV. S. 108 r. g. u.
	        
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