Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

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will ich nicht einmal einen kleinen Theil meines gedruckten Berichtes Ihnen 
mündlich hierwiederholen; aber in ein paar Punkten werden Sie mir gütigst 
gestatten mich ausgiebiger darauf zurückzubeziehen. Als erstes Motiv der 
Zwangslage, welche die Annahme dieser Verträge von Seite der k. Staats- 
regierung zur unausbleiblichen Nothwendigkeit gemacht haben soll, ist genannt 
und wird so viel genannt, die politische Isolirung unseres Landes. Nun, meine 
Herren, habe ich in meinem Berichte auseinandergesetzt, daß wenn wir die Verträge 
auch nicht annehmen, eine Gefahr, ein Zwang von außen uns nicht droht. Das ist 
auch im Ausschuße von competenter Seite zugestanden worden. Sie lesen aber 
weiter in meinem Berichte, daß ich glaube, gerade die Annahme der Ver- 
träge würde uns isoliren gegenüber einer Nachbarschaft, die sich auf 135 
Stunden unserer Grenzen erstreckt. Sie lesen in meinem Berichte, daß nach 
meiner Meinung jeder ruhigen und, meine Herren ich erlaube mir zu sagen, 
nicht überreizten Politik unserer Staatsregierung sich dringend hätte anrathen 
sollen, auf dieser unserer historischen Grenze, mitten durch die uns nächst 
rerwandten deutschen Völkerschaften nicht eine chinesische Mauer errichten zu 
lasten, nicht, wenn sie mir den Auedruck erlauben, uns hier die Welt mit 
Brettern verschlagen zu lassen. Ich habe mir eben darum erlaubt in mei- 
nem Berichte zu sagen, daß nach meiner Meinung die Frage bezüglich der 
Annahme dieser Verträge für Baiern von vornherein himmelweit anders ge- 
standen habe als für die drei andern ehemaligen süddeutschen Staaten. Ich 
komme, meine Herren, auf ein weiteres Motir, welches die Zwangslage ge- 
schaffen haben soll für die Annahme der Verträge oder um mich bestimmt 
auszudrücken, für das Eingehen auf das uns vorliegende Verfassungswerk. 
Das ist, meine Herren, die Rücksicht auf den „Zollverein.“ Ich will auch 
hier wiederholen, was Ihnen des Weitern hierüber gedruckt vorliegt. Ich will 
E dahin gestellt sein lassen, meine Herren, ob wenn bei Preußen die 
Absicht wirklich bestünde, uns den Zollverein zu künden, — ich habe gesagt 
und habe es drucken lassen, ich bringe es nicht über mein moralisches Gefühl, 
das zu glauben, — wenn aber die Absicht wirklich bestünde, dann will ich 
es dahingestellt sein lassen, ob die Ausführung jetzt, nachdem nicht nur Baden, 
sendern auch Hessen und Würtemberg in den Nordbund oder in den Deut- 
schen Bund eingetreten sind, — ob die Ausführung jetzt möglicher wäre, 
als wenn Baden allein eingetreten wäre. Daß im letzteren Falle die Kün- 
digung des Zollvertrages eine absolute Unmöglichkeit gewesen wäre (weil die- 
selbe identisch gewesen wäre mit dem augenblicklichen wirthschaftlichen Ruin 
Badens) das hat Graf Bismarck selbst in der bekannten Reichstagesitzung 
rem 24. Februar v. Is. mit den schlagendsten Gründen bewiesen. Jeden- 
fallz, meine Herren, wenn die Absicht bestehen sollte, — ich sage noch ein- 
mal: wenn, — dann bin ich sicher, daß unsere schwäbischen Nachbaren drü- 
ben sich ihrer Hant zu wehren wissen würden und daß man ihr Geschrei 
wenn ich so sagen darf in Berlin kaum überhören wird. Unter allen Um- 
ständen aber, meine Herren, begreife ich Eines nicht: ich begreife das nicht,
	        
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