Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Jörg. 607, 
sten Theile auf die Krone Preußens übertragen würden, müsse eine effektive 
Herabminderung des Maßes bürgerlicher Freiheit, dessen sich dermalen die 
füddeutschen Staaten erfreuen, müsse — um es offen auszusprechen — die 
Gundlage einer absolutistisch-militärischen Hegemonie erblickt werden“. Nun, 
meine Herren, nach alledem frage ich mich zum drittenmal, was hat die 
zwangslage geschaffen, von der die k. Staatsregierung gesprochen hat und 
was hat die k. Staatsregierung genöthigt, den gewaltigen Schritt zu thun 
bis zur Annahme dieser Verträge, vor deren Inhalt auch Manchem von denen 
auf der rechten Seite des Hauses innerlich graut, der etwa soust sich bewo- 
gen fsühlen möchte, ein nothgedrungenes Ja zu sagen. Sie begreifen, daß es 
uns im Ausschusse darum zu thun ist, auf die eben angeregte Frage eine 
bestimmte Antwort zu erhalten, und wir haben sie erhalten. Alles aber, 
was wir darüber im Ausschusse aus competentem Munde gehört haben, Alles 
— ich darf das wohl sagen, was ich unter vier Augen von der verehrungswür- 
digsten Seite vernommen habe — Alles das läuft darauf hinaus: ja, es sei 
wahr, eine Gefahr von außen habe uns nicht gezwungen, habe die k. Staats- 
#gierung nicht gezwungen auf das Vertragswerk einzugehen, sondern diese 
Zwangslage sei geschaffen worden durch die „innere Agitation", sie sei ge- 
schaffen worden. durch die innere Zersetzung, die in unserm unglücklichen 
Lande maßlos um sich gegriffen habe, und die es unmöglich mache, daß 
unser Land don nun an eine selbstständige Stellung behalte. Nun, meine 
Herren, bin ich der Letzte, der das läugnen wollte, ich darf wohl sagen, bin 
ich der Letzte, der Ursache hätte zu läugnen, daß allerdings die vorliegenden 
Verträge der passende Schlußpunkt sind für die Entwicklung, in die man seit 
20 Jahren unser Land hineingezwungen und hineingedrungen hat. Es hat 
in diesem langen Laufe der Jahre an warnenden Stimmen nicht gefehlt, 
man hat diese warnenden Stimmen als verbitterte Schwarzseher bei 
Seite gestoßen, man hat sie als bochafte Ultramontane behandelt; 
sie sind zuletzt fast wie Staatsverbrecher angesehen worden mit oder 
ehne Schwurgericht, mit oder ohne Festung. Das Resultat, das liegt uns 
ror. Die Männer haben Recht gehabt. Das Resultat liegt vor in dem 
Danke, den die privilegirten Schichten der Gesellschaft zu einem großen Theil, 
den gewisse gehätschelte Klassen jetzt der k. Staatsregierung dargebracht haben; 
das Resultat liegt vor, entschuldigen Sie, meine Herren, wenn ich ein her- 
rerstechendes Beispiel nennc, in dem Danke, den diese Haupt= und Residenz- 
stadt München durch ihre Vertretung den vier bairischen Königen dargebracht 
hat, ihren Schöpfern und ihren Erhaltern bis zu diesem Augenblicke. Meine 
Herren, fürchten Sie nicht, daß ich weiter fahre, ich verschließe selbst mein 
Auge vor diesem schwarzen Bilde. Aber Ein Wort mögen Sie mir noch er- 
lauben, — denn ich habe wahrlich unter den bittersten Schmerzen diese lange 
zeit mitdurchlebt — Ein Wort habe ich noch zu sagen, es wird bald ge- 
sprochen sein. Wenn ich jemals zu den vertrauten geheimen Rathgebern des 
letztrerstorbenen regierenden Königs Majestät gehört hätte, ich hätte meiner 
Lebtage lang nicht mehr den Muth, vor der Kirche zu den Theatinern vor-
	        
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