M. Barth. 623
Gutachten aufgestellt hat, ist die richtige, die allein zulässige und im ganzen
Norden allein anerkannte. Ich komme nun zu dem zweiten Bedenken, wel-
cbes sowohl der ursprüngliche Vortrag als auch der Nachtrag des Herrn
Referenten besonders betont, es ist das die Schwierigkeit, die ihm die Be-
stimmungen über die Verfassungsänderungen machen. Der Herr Referent
meint nämlich, es hätte in der Verfassung bestimmt werden sollen, daß Ver-
fassungsänderungen nur gemacht werden könnten mit Zustimmung der sämmt-
lichen Gesetzgebungs-Faktoren in allen einzelnen Ländern. Meine Herren,
es ist nicht üblich in Föderatirstaaten mit Repräsentativ-Verfassung, wenn
man einmal die Möglichkeit von Verfassungsänderungen, wie es hier in
An. 78 geschieht, überhaupt zugiebt, eine solche Formalität den einzelnen
Berollmächtigten zum Bundesrath aufzulegen, ja es ist das auch eine Sache
der Unmöglichkeit. Damit aber, meine Herren, ist durchaus nicht gesagt,
daß Sie nicht die baierische Regierung binden können, ihre Bevollmächtigten
zum Bundesrathe der Art zu instruiren, daß dabei die Rechte des Landtags
gewahrt bleiben. Denn das erkenne ich an: ein Recht hat der baierische Land-
tag, darum gefragt zu werden, wenn es sich um eine Verfassungsänderung
bandelt, wenigstens wenn eine Ausdehnung der Kompetenz des Bundes statuirt
werden will. Aber, meine Herren, die Herren Minister haben ausdrücklich
bei den Ausschußrerhandlungen erklärt, daß sie sich für die desfallsigen Hand-
lungen der baierischen Bevollmächtigten zum Bundesrathe dem Landtage
gegenüber verantwortlich erklären, und ich für meine Person habe das so
verstanden, daß sie sich auch verpflichtet halten, ehe sie die Bevollmächtigten
zu einem zustimmenden Votum ermächtigen, den Landtag zuvor zu hören.
Gür alle Fälle habe ich bereits im Ausschusse darauf aufmerksam gemacht,
daß es ja dem baierischen Landtage frei stebt, dahin zu wirken, daß diese
ganze Materie durch ein Landesgesetz der k. Staatsregierung gegenüber näher
geregelt werde, und die Erklärung, welche der Herr Staatsminister der
Justiz im Ausschusse auf jene meine Aeußerung abgegeben hat, berechtigt mich
wehl zu der Annahme, die Regierung werde sich der Mitwirkung zu einem
seichen Gesetze nicht entzieben. Der Herr Staatsminister hat nänlich
ausdrücklich erklärt, das innere Staatsrecht gestatte allerdings eine gesetzliche
Regelung der Instruktion. Der Herr Kammersekretär bat zu dem Bedenken,
wovon ich eben spreche, noch eine Aeußerung des Reichstags-Abgeordneten
Dwesten angeführt, in welcher dieser einc allerdings nicht unwesentliche
unterscheidung machte, nämlich zwischen Verfassungsänderungen, die nur die
Organisation betreffen und solchen, welche die Kompetenz des Bundes betreffen,
und in welcher er, wohlverstanden zur Zeit des konstituirenden Reichstages,
als es sich noch de lezze ferenda handelte, die Meinung aufstellte, es sei
wWeckmäßig, daß zu einer solchen Aenderung alle Gesetzgebungofaktoren in den
Einzelstaaten des Bundes mitwirken müssen. Ich gebe nun zu, meine Herren,
diese Meinung ist nicht ohne Berechtigung, aber das läßt sich jetzt nicht mehr
erreichen. Einmal ist die Praxis im Norddeutschen Biide bicßher schon eine