Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

630 Balern. Kammer der Abgeordneten. 
sein Heerwesen so geordnet sein möge, daß es auch wirklich ein Alliirter ist, 
der uns etwas hilft. Der Herr Referent ist nebenher auch der, um mich 
eines von ihm gegen mich beliebten Ansdruckes zu bedienen, sonderbaren An- 
schauung, daß durch die neuesten Ereignisse die Ausschließung Oesterreiche 
aus Deutschland thatsächlich als widerrufen zu betrachten sei. Ich muß ge- 
stehen, ich bin entgegengesetzter Anschauung bisber gewesen und habe geglaubt, 
wenn diese Ausschließung nicht durch das Jahr 1866 schen fertig geworden 
wärec, so hätte sie das Jahr 1870 erst recht festgestellt. Der Nachtrag zu 
dem Referate für die Ausschußmajorität beruft sich ferner auf unsere lang- 
gestreckte Grenze gegen Oesterreich und meint, diese Grenze nöthige uns aus 
dem Reiche zu bleiben, um ein gutes Verhältniß mit Oesterreich zu unter- 
halten. Aber, meine Herren, das Reich wird dieses gute Verhältniß auch 
erhalten, und wir können daher im Reiche sein ohne die mindeste Gefahr 
eines Konfliktes mit unserem östlichen Nachbar, mag die Grenze, die wir mit 
ihm gemein haben, auch noch so langgestreckt sein. Es ist auch nicht richtig, 
daß die anderen süddeutschen Staaten, indem sie in das Reich eintraten, in 
einem anderen Verhältnisse gewesen seien als wir, weil sie diese lange Grenze 
gegen Oesterreich nicht baben. Wenn Würtemberg eine Grenze gegen Oester- 
reich nicht hat, so hat es doch eine lange Grenze gegen uns und Würtemberg 
hätte also auch sagen können: wir können in das Reich nicht eintreten, Baiern 
ist nicht darin, es ist noch nicht gewiß, ob es eintreten wird, und wir baben 
eine lange Grenze gegen Baiern. Sie seben, das Argument schlägt nicht 
sonderlich ein. Ich komme auf die Trias-Idee. Der Herr Kammer-= 
Sekretär zieht auch diese Idee herein und meint, ein Deutscher Kaiser 
mit einer Suite mediatisirter Fürsten, ein wirklicher König und der Erzherzog 
der Deutschen Ostmark, das wäre die rechte Verfassung für Deutschland. 
Das Ding liest sich pompös, aber es klingt auch nur so. Ich habe niemals 
etwab von der Trias-Idee gehalten, ich habe mich nicht einmal stark für ihre 
Widerlegung in's Zeug gelegt. Ich habe Denen, die seit 22 Jahren die 
Tmas-Idee ausspielten, gesagt: versuchen Sie das Ding; wenn Sie es fertig 
haben, sagen Sie es mir, ich will mich nicht bemüben, ich weiß, Sie bringen 
es nicht zu Stande. Aber, meine Herren, diese Trias-Idee zu der Zeit, als 
man sie sich so dachte, daß das eine Glied Oesterreich, das zweite Preußen, 
das dritte die übrigen damaligen Staaten Deutchlands sein sollten, bat doch 
noch einigermaßen eine Basis gehabt. Da waren die drei Glieder in Bezug 
auf die Seelenzahl noch so ziemlich gleich die Schwäche der Mittel= und 
Klein-Staaten lag nur darin, daß ihre Kräfte nicht so zusammengesetzt werden 
konnten wie in den beiden Großstaaten. Jetzt aber hätten wir 35 Millionen 
im Deutschen Reiche, 35 Millienen in Oesterreich und der dritte 
Faktor, das Zünglein in der Wage, das im Notbfall entscheiden sollte, wäre 
Baiern mit 5 Millionen. Sehen Sie, meine Herren, einen solchen dritten 
Faktor lassen sich die beiden Großmächte mun und nimmer gefallen. Der 
Gang der gegnerischen Replik führt mich auf die Aeußerung des Herrn
	        
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