636 Balern. Kammer der Abgeordneten.
dieses Versprechens um so rascher veranlaßt, als der geehrte Herr Vor-
redner bereits die Erwartung ausgesprochen hat, daß über die so wichtige
und einflußreiche Finanzfrage in vorliegender Angelegenheit eine Autzein-
andersetzung von Seite des Ministertisches erfolgen werde. Wie Sie aus
dem vorliegenden Referate und seinen Beilagen entnehmen, hat auf Requi-
sition Ihres besonderen Ausschusses die Staatsregierung ihre Anschauungen
über die finanzielle Frage in einem Schreiben vom 19. vorigen Monats
niedergelegt. Gegen die hierin ausgeführten Erörterungen bat der geehrte
Herr Abgeordnete Kolb ein Promemoria, „Bedenken“ überschrieben, dem
Ausschusse überreicht und der Ausschuß beschloß auch, dasselbe dem Referate
einzuverleiben. Um jede Verzögerung zu vermeiden, habe ich mir vorbe-
halten, meine Gegenerinnerungen gegen dieses Promemoria bei einer späteren
Gelegenheit vorzutragen und komme wie bemerkt dieser Zusage heute nach.
Ich komme ihr um so mehr nach, als meine Gegenerinnerung offenbar eine
mündliche Vervollständigung des Referates und des Ausschußprotokolles bilden
wird und daher ihr Platz wohl am Eingange der Diskussion am geeignetsten
sein wird. Vorausschickend muß ich bemerken, daß in den Beilagen des
Ausschußprotokolles auch eine frühere Denkschrift des Herrn Abgeordneten
Kolb abgedruckt ist, welche mir allerdings durch öffentliche Blätter bekannt
war, aber im Ausschusse nicht vorgelegt gewesen ist und dort also auch eine
Bespkechung und Widerlegung nicht finden konnte. Nachdem diese Denk-
schrift nun abgedruckt und als Beilage des Protokolles in Ihr Haus gelangt
ist, werde ich nicht umhin können, bei meinen Erörterungen auch auf ver-
schiedene in jener früheren Deukschrift berührte Punkte zurückzukommen. An
der Hand des ministeriellen Schreibens und der beiden Denkschriften werde
ich nun die Frage nach drei Gesichtspunkten beleuchten. Ich werde cinmal
den Militäraufwand ins Auge fassen, sodann die übrigen gemeinschaftlichen
Bundesausgaben, und an dritter Stelle jene sogenannten mittelbaren Folgen,
von welchen der sehr geehrte Herr Abgeordnete Kolb gleichfalls am Schlusse
spricht, erörtern. Zunächst also über den Militäraufwand. Beziglich dessen
haben wir in dem ministeriellen Schrciben betont, daß bei einem richtigen
Vergleiche des bisherigen und künftigen Militäraufwandes nicht nur der bis-
herige laufende Militäretat sondern auch die seither aus dem Reichsreserve-
fond vergüteten Getreidepreisdifferenzen sowie eine Reihe von außerordentli-
chen Militärbedürfnissen in Ansatz gebracht werden müssen, für welche bei
der Unzulänglichkeit der laufenden Militärdotation seit Jahren spezielle Mi-
Utärkredite bewilligt werden. Nach den Willigungen der IX. Finanzperiode,
heißt cs in unserem Schreiben, ergebe sich hienach pro 1868—69 ein durch-
schnittlicher Jahresaufwand von 17,426,910 fl. und würde sich daher im
Vergleiche dieser Willigung mit dem künftigen Armeebudget bei dem 225 Thlr.
Satz ein Mehraufwand von 1,569,165 fl. ergeben. Diese unsere Aufstellung
bemängelt nun die Denkschrift in mehrfacher Weise. Zunächst werden Be-
denken erhoben gegen unseren Ansatz der Getreidepreis-Differenzen nach dem