Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

642 Balern. Kammer der Abgeordneten. 
und gewisse Staatsanstalten betrifft, ein Zurückgehen, welches er beiläufig 
auf eine Million Gulden per Jahr anschlägt. Mir sind die Gründe für 
diese Annahme nicht ganz erklärlich; ich glaube der Herr Verfasser der 
Denkschrift wird es mir nicht verübeln, wenn ich sage, ich balte seine An- 
nahme für eine willkürliche. Es ist richtig: bei unserem Tar= und Stew pel- 
gefälle, welches in der Denkschrift erwähnt ist, ist allerdings schon in den 
letzten Jahren ein nicht unerhebliches Zurückgehen bemertbar. Die Staats- 
regierung hat Ihnen auch den Entwurf eines Gesetzes vorgelegt, um dieses 
Zurückgehen für die Folge wieder auszugleichen. Warum aber nach Been- 
digung des Krieges unsere Eisenbahnen im Ertrage zurückgehen sollten, dafür 
fehlen mir alle Gründe, ich kann mir gar kein Motir denken, ans welchem 
man diesen Schluß zu ziehen rersucht sein könnte. Unsere Forstrente, von 
der die Denkschrift nicht spricht, hat sich sogar im rergangenen Jahre riel 
höher belaufen als im vorhergehenden Jahre. Und wenn man denn dech 
von den allgemeinen tramigen Folgen des Kriegs für den Verkehr sprechen 
will, dann bitte ich Sie, gar nicht auf die Zukunft zu sehen, sondern auf 
die augenblickliche Gegenwart: nehmen Sie den Courszettel zur Hand, zeigt 
sich da nicht die ganz merkwürdige Thatsache, daß tretz des Krieges und 
trotz der verschiedensten Staatsanlehen in allen Ländern die Kurse aller Pa- 
piere, selbst der sogenannten Spekulationspapiere, nur so wenig zurückgegan- 
gen sind, als es in Friedenszeiten bei einigermaßen ungünstigen Handels- 
konstellationen ebenfalls vorkommt? Man bat aus der Geschichte anderer 
Staaten Schlüsse gezogen und gesagt, dieselben Erscheinungen müßten auch 
bei uns eintreten. Ja, um das zu sagen, müßte auch erst bewiesen sein, 
daß jene früheren Erscheinungen wirklich Folgen des Krieges waren und 
nicht in anderen Verhältnissen ihren Grund batten. Ich bin also wegen der 
Verminderung der Staatseinnahmen keineswegs so besorgt, als es die Denk- 
schrift zu sein scheint. Wie Sie sehen, gehen die von mir beleuchteten 
Denkschriften — und ich muß sie ja beleuchten, da sic Gegenerinnerungen 
gegen unsere ministeriellen Auschauungen waren — von einem starken Pessi- 
mismus aus, dem wir unsererseits uns nicht hingeben können, dem wir uns 
nicht hingeben dürfen, und dem auch Sie, meine Herren, bei Beurtheilung 
der Ihnen vorlicgenden Frage sich meines Erachtens nicht hingeben sollen. 
Ich glaube vielmehr anf den Schlußsatz aufmerksam machen zu dürfen, 
welchen ich unserem ministeriellen Schreiben beigefügt habe. Ich habe dert 
zwei Punkte hervorgehoben: einmal habe ich betont, daß der Bimd selbft sich 
wohl wird veranlaßt sehen, für die Zukunft dahin zu trachten, daß soriel 
als möglich Ausgabenermäßigungen eintreten und die Einnahmequellen mög- 
lichst erhöht oder auch neue Einnahmsguellen geschaffen werden, was dann 
naturgemäß auch die Matrikularbeiträge, welche Baiern zu leisten hat, auf 
ein geringeres Maß zurückführen würde. Daß bei einer solchen Vermehrung 
der Einnahmoquellen nicht eine Mehrbelastung des Grundbesitzes ins Auge 
gefaßt werden kann, liegt in der Natur der Sache; es werden Consumtions=
	        
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