Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

648 Balern. Kammer der Abgeordneten. 
die Verausgabung aber wird durch ein Etatgesetz festgestellt und bei dieser 
Feststellung hat die Militärorganisation Maß zu geben. Nun muß ich auf 
einen Punkt kommen, der auf Seite des Herrn Referenten der Reichs- 
rathskammer hauptsächlich den Irrthum herbeigeführt zu haben scheint, wonach 
er glaubt, daß der Militäretat ein eiserner sei. Der Herr Referent der 
Reichsrathskammer beruft sich nämlich auf Art. 5 alinea 2, woschlbst 
es heißt: Bei Gesetzesvorschlägen über das Militärwesen, die Kriegs- 
marine gibt, wenn im Bundesrathe eine Meinungsverschiedenheit stattfindet, 
die Stimme des Präsidiums den Ausschlag, wenn sie sich für die Aufrecht- 
haltung der bestehenden Einrichtungen ausspricht.“ Man hat diese alinen 2 
des Art. 5 auch anwenden wollen auf das Gesetz über die Feststellung der 
Friedenspräsenzstärke. Ich könnte aus den Verhandlungen auch das bestrei- 
ten, ich könnte sagen, es hat, wenn es sich hier um ein besonderes Gesetz 
handelt, die spezielle Vorschrift der allgemeinen vorzugehen. Ich brauche aber 
das nicht, ich will vorläufig zugcben, daß das bisherige Friedenspräsenzgesetz 
unter alinen 2 des Art. 5 falle und daß das so lange fortbestehe, bis es 
abgeändert wird. Aber es kann doch in einer andern Weise nicht fortbe- 
stehen als zur Berechnung dessen, was zur Bundeskassa cinzuzahlen ist. 
Es kann aber diese alinea 2 des Art. 5 namentlich nicht bezüglich eines 
Etatsgesetzes gelten, das erst zu machen ist. Bei Gesetzesvorschlägen hat 
die Krone Preußen in dem beschränkten Kreise sagt man ein Veto. Ja- 
wenn nun ein Etatgesetz erst gemacht werden soll nach dem Jahre 1871, 
was hilft dann der Krone Preußen das Veto, wonach allenfalls gar kein 
Etatgesetz zu Stande kommen kann? Ich gebe nun auch zu, ich muß es 
nicht, aber ich will es vorläufig zugeben, es solle der Krone Preußen ein 
Veto zustehen. Aber die Krone Preußen braucht ein Etatgesetz, denn nur 
auf Grund des fraglichen Etatgesetzes können die fraglichen Ausgaben bewil- 
ligt werden. Bis jetzt sind diese Behauptungen von mir gemacht, ich muß 
nun aber zum Nachweise dessen, daß ich den richtigen Sinn getroffen babe, 
auf die Verhandlungen des Norddeutschen Reichstags zurückkommen. Ich 
habe vorhin angeführt, daß Herr von Forckenbeck das fragliche Amende- 
ment gestellt hat, wonach nur bis zum 31. Dezember 1871 die betreffenden 
Geldbeträge für das Militär fortzubezahlen seien. Sie werden mir wohl zu- 
geben müssen, daß der Herr Antragsteller selbst bezüglich der Interpretation 
seines Amendements einiges Gewicht hat. S. 571 der Verhandlungen des ver- 
fassungsgebenden Reichstages (s. oben Bd. II. S. 303) — ich zitire die Seiten, 
damit der Herr Referent, wenn er allenfalls das betreffende Exempxlar der Nord- 
deutschen Verhandlungen zur Hand hat, segleich auf dem Laufenden ist, — sag! 
nun Herr von Forckenbeck: „Zur Motivirung dieser Ansicht erlaube ich mir 
zunächst die Frage, welches denn die Friedenspräsenzstärke ist, die in dem 
Art. 56 der Verfassung für alle Jeiten als Grundgesetz der Verfassung fest- 
gestellt werden soll.“ Nun sagt er weiter: „Ich halte nun überhaupt eine 
grundgesetzliche Bestimmung der Friedensziffer der Armee für alle Zeiten nicht
	        
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