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Sie selbst sagen würden, daß ein Etatgesetz kommen müsse, weil man ja
erganisationsgemäß die Ausgaben im Norden doch fortbezahlen müßte —
für uns in Baiern tritt dann ein wesentlicher Umstand ein. Man sagt:
„Ia, einbe zahlen müssen die Staaten, einbezahlen muß Würtemberg,
Baden, Hessen, einbezahlen muß Sachsen, was hilft es denn?; wenn das Geld
einmal fort ist, so wird es verbraucht werden.“ Aber jetzt gerade kommt
die Hauptsache, die Artikel, wonach in die Deutsche Reichskasse die
Beträge vom 31. Dezember 1871 an einbezahlt werden müssen, gelten für
uns gar nicht, wir brauchen gar nicht einzubezahlen. Man kann bei uns
gar nicht sagen, daß irgend ein Kreuzer nach Norden einzubezahlen sei! Was
gilt denn aber dann bei uns? Der Vertrag sagt: „Baiern verpflichtet sich,
für sein Contingent und die zu demselben gehörigen Eimichtungen einen
gleichen Geldbetrag zu verwenden, wie nach Verhältniß der Kopfstärke durch
den Militäretat des Deutschen Bundes für die übrigen Theile des Bundes-
berres ausgesetzt wird. Dieser Geldbetrag wird im Bundesbudget für das
koniglich baierische Contingent in Einer Summe ausgeworfen. Seine Ver-
autgabung wird durch Spezialetats geregelt, deren Aufstellung Baiern über-
lassen bleibt. Hiefür werden im Allgemeinen diejenigen Etatsansätze nach
Verhältniß zur Richtschnur dienen, welche für das übrige Bundcsheer in den
einzelnen Titeln ausgeworfen sind.“ So der Vertrag. Was setzt nun dieser
„Geldbetrag" voraus, worin wird der Geldbetrag festgestellt? In dem
Etats-Gesetz. Nun, meine Herren, das Etatsgesetz geht aber aus dem
Reichstage hervor, das Etatsgesetz kann die Krone Preußen deswegen
nicht allein machen, weil sie es höchstens allein durch ihr Veto verhindern
kennte! Sie könnten nun sagen, es sei wohl möglich, daß ein Etatsgesetz
nicht zu Stande kommt, — dann, wenn einmal im Norden ein Etatsgesetz mit
so geringen Summen gemacht werde, daß der Kaiser glaubt, er kann damit
nicht hausen; er werde dann sein Veto einlegen. Aber was ist dann die
Solge für uns? — Daß kein Etatsgesetz zu Stande gekommen, daß also keine
Ziffer existirt, welche nach unseren Verträgen uns bindet und daß für diese
zälle das vollständige Budgetrecht für das Militär frei unserer Kam-
mer zusteht, so frei es eben wirklich ist. Der Herr Krieg sminister
wird das anerkennen, so unangenehm am Ende ihm die Folgerungen sein
megen, die vielleicht daraus gezogen werden können. Also wenn kein Etats-
gesetz durch den Reichstag ergeht, eristirt auch keine bestimmte bindende
und uns verpflichtende Summe. Sie sehen also daraus, was es für
eine Bewandtniß mit dem sogenannten eisernen Militäretat hat, was es für
eine Bewandtniß hat mit den Reden vom unbeweglichen, unreränderlichen
Militärdespotismus und was Alles damit zusammenhängt. Es ist gerade
in der Nordbundverfassung, in der rechtlichen Entwicklung derselben das Bud-
getrecht so gut — ich werde wohl später nachweisen — noch besser, es sind
die Rechte den Volkes schützender enthalten als in irgend einem baierischen
Militärbudget und baierischen Etatsgesetze. Wenn man nun freilich sagt, die
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