Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Voͤlt. 657 
Sie selbst sagen würden, daß ein Etatgesetz kommen müsse, weil man ja 
erganisationsgemäß die Ausgaben im Norden doch fortbezahlen müßte — 
für uns in Baiern tritt dann ein wesentlicher Umstand ein. Man sagt: 
„Ia, einbe zahlen müssen die Staaten, einbezahlen muß Würtemberg, 
Baden, Hessen, einbezahlen muß Sachsen, was hilft es denn?; wenn das Geld 
einmal fort ist, so wird es verbraucht werden.“ Aber jetzt gerade kommt 
die Hauptsache, die Artikel, wonach in die Deutsche Reichskasse die 
Beträge vom 31. Dezember 1871 an einbezahlt werden müssen, gelten für 
uns gar nicht, wir brauchen gar nicht einzubezahlen. Man kann bei uns 
gar nicht sagen, daß irgend ein Kreuzer nach Norden einzubezahlen sei! Was 
gilt denn aber dann bei uns? Der Vertrag sagt: „Baiern verpflichtet sich, 
für sein Contingent und die zu demselben gehörigen Eimichtungen einen 
gleichen Geldbetrag zu verwenden, wie nach Verhältniß der Kopfstärke durch 
den Militäretat des Deutschen Bundes für die übrigen Theile des Bundes- 
berres ausgesetzt wird. Dieser Geldbetrag wird im Bundesbudget für das 
koniglich baierische Contingent in Einer Summe ausgeworfen. Seine Ver- 
autgabung wird durch Spezialetats geregelt, deren Aufstellung Baiern über- 
lassen bleibt. Hiefür werden im Allgemeinen diejenigen Etatsansätze nach 
Verhältniß zur Richtschnur dienen, welche für das übrige Bundcsheer in den 
einzelnen Titeln ausgeworfen sind.“ So der Vertrag. Was setzt nun dieser 
„Geldbetrag" voraus, worin wird der Geldbetrag festgestellt? In dem 
Etats-Gesetz. Nun, meine Herren, das Etatsgesetz geht aber aus dem 
Reichstage hervor, das Etatsgesetz kann die Krone Preußen deswegen 
nicht allein machen, weil sie es höchstens allein durch ihr Veto verhindern 
kennte! Sie könnten nun sagen, es sei wohl möglich, daß ein Etatsgesetz 
nicht zu Stande kommt, — dann, wenn einmal im Norden ein Etatsgesetz mit 
so geringen Summen gemacht werde, daß der Kaiser glaubt, er kann damit 
nicht hausen; er werde dann sein Veto einlegen. Aber was ist dann die 
Solge für uns? — Daß kein Etatsgesetz zu Stande gekommen, daß also keine 
Ziffer existirt, welche nach unseren Verträgen uns bindet und daß für diese 
zälle das vollständige Budgetrecht für das Militär frei unserer Kam- 
mer zusteht, so frei es eben wirklich ist. Der Herr Krieg sminister 
wird das anerkennen, so unangenehm am Ende ihm die Folgerungen sein 
megen, die vielleicht daraus gezogen werden können. Also wenn kein Etats- 
gesetz durch den Reichstag ergeht, eristirt auch keine bestimmte bindende 
und uns verpflichtende Summe. Sie sehen also daraus, was es für 
eine Bewandtniß mit dem sogenannten eisernen Militäretat hat, was es für 
eine Bewandtniß hat mit den Reden vom unbeweglichen, unreränderlichen 
Militärdespotismus und was Alles damit zusammenhängt. Es ist gerade 
in der Nordbundverfassung, in der rechtlichen Entwicklung derselben das Bud- 
getrecht so gut — ich werde wohl später nachweisen — noch besser, es sind 
die Rechte den Volkes schützender enthalten als in irgend einem baierischen 
Militärbudget und baierischen Etatsgesetze. Wenn man nun freilich sagt, die 
Auerialien 111. 42
	        
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