Bray. 667
Blatt in der baierischen Geschichte schreiben! Wenige Tage noch, meine Herren,
und ihre Tafeln werden die Namen derjenigen bezeichnen, welche für und gegen
den Abschluß des Reichsvertrags gestimmt haben. Wahrhaftig, meine Herren,
ich möchte den Namen, den ich meinen Kindern hinterlasse, nicht
auf jener Tafel sehen! Wir werden — fallen nun die Geschicke, wie
sie wollen — wir werden fortkämpfen, bis das Ziel erreicht ist; und wie
wir bisher unverändert am Deutschen Gedanken, an der Deutschen Treue
und an der Liebe zum Deutschen Vaterlande festgehalten haben, so werden
wir das auch fürderhin thun, und wie diese bis jetzt uns zum Ziele geführt,
werden sie auch hinfüro uns zum Ziele führen; deß sind wir, meine Herren,
gewiß und uns bewußt, und treu, fest in der Liebe zum Vaterlande,
unverändert in der Treue für immer und unveränderlich, datz#
soll uns Wahlspr uch und Richtschnur sein! (Bravol)“)
Staatsminister Graf v. Bray-Steinburg:'') Meine Herren! Im
Laufe der Debatte sind einige Aeußerungen vorgekommen, welche mich
zur Entgegnung nöthigen. Der Herr Referent hat in seinem Vortrage
eine Acußerung erwähnt, welche im Ausschusse von mir gemacht worden ist.
Dieselbe lautet nach dem Ausschußprotokolle: „Durch fremde Soldaten werden
wir nicht zur Annahme gedrängt werden sondern durch den Druck der in-
neren Verhältnisse; durch diesen wird die Stellung jeder Regierung im Falle
der Nichtannahme eine sehr schwierige.“ Wenn ich den Ausdruck „Agitation"“
bei dieser Gelegenheit gebraucht habe, so lege ich nicht auf den Ausdruck
Gewicht sondern ich betrachte ihn blos als die Bezeichnung einer Art der
Manifestation des Volkswillens. Es kommt aber darauf an, von welchem
Dheilc des Volkes die Agitation ausgeht. Einer Agitation, veranlaßt durch
eine schwache Fraktion, wird leicht entgegenzutreten sein; ist sie aber der
Ausdruck des Willens eines bedeutenden Theiles, ja vielleicht der Majorität
det Volkes, dann allerdings wird bei unsern freiheitlichen Instimtionen eine
Regierung derselben gegenüber nicht länger sich behaupten können, sondern es
wird der Forderung nachgegeben werden müssen, weil sie dann legitim und
berechtigt ist. Was nun die Zwangslage anbelangt, in welcher wir uns be-
funden haben sollen, so habe ich zu erklären, daß eine solche in materieller
Hinsicht in der That nicht vorhanden war. Wir haben die Verträge nach
wiflicher Ueberlegung unterzeichnet, weil wir sie für das Beste hielten, was
unter den gegebenen Verhältnissen zu erreichen war. Wir konnten allerdings
Versailles verlassen, ohne zum Abschlusse zu gelangen. Dann wäre zwar nicht
ganz aber doch im Allgemeinen der gleiche Zustand eingetreten, wie er auch
––
*) Die nun folgenden Reden s. im Sten. Ber. selbst und zwar Dr. Schauß a. a.
O S. 163, Gürster S. 167 r. u., Edel S. 170 I., Stenglein S. 170 r., Grf. Ingger-
Blamenthal S. 173. Dr. Anton Schmid S. 175 r.
77) St. P. S. 176 l. M.