Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Greil. 673 
letzten Jahrhunderten auch das Bündnißrecht hatte, das Besteuerungsrecht 
hatte, so ziemlich Alles, was zur Souveränität gehört, nur den Namen nicht. 
Den Namen aber hat es bekommen in der Zeit, als das Deutsche Reich sich 
Eiste, sich löste durch die Schuld eines Fürsten und eines Landes, das die 
Herren wohl kennen, das ich aber jetzt nicht speziell nennen will. Als das 
Reich sich löste, da meine Herren, war Baiern souverän, und als souveräner 
Staat ist Baiern dem Deutschen Bunde beigetreten. Wenn es auch nicht 
berechtigt war, Verträge zu schließen gegen den Deutschen Bund, wenn es 
auch nicht berechtigt war, einen Krieg anzufangen gegen einen deutschen 
Bmderstamm, gegen ein deutsches Bruderland, wozu nach der BundeSakte 
Art. 11 kein deutscher Staat berechtigt war, so war es dagegen unbe- 
schränkt im Bunde trotz der Zugehörigkeit zum Bunde durch Art. 7, welcher 
ausdrücklich anordnet, daß der Bundestag für Abänderung von Grundgesetzen, 
erganischen Bundeseinrichtungen, jura singulorum und Religionsverhältnissen 
incempetent sei. Meine Herren! Wie man ein Land mit solchen Rechten, 
wie sie Baiern geschichtlich geübt hat und wie sie ihm in der Bundegakte 
ausdrücklich zugesprochen worden sind, so geringschätzig beurtheilen kann, wie 
in dem Urtheile, das ich vorgelesen habe, geschehen ist — wie man das 
kann, meine Herren, das kann ich wahrhaft nicht begreifen. Recht auffallend 
aber, meine Herren, mir recht auffallend ist, wie einer der genannten Redner 
selbst darin eine Beschränkung der Selbständigkeit, der Souveränität Baierns 
sehen kennte, daß Partikularrechte in Baiern eristiren. Weil also Baiern 
kein Staat gewesen ist, der mit despotischer Gewalt durchgegriffen und alle 
Senderrechte mit einem Federstriche beseitigt hat, weil Baiern das faktisch 
geschichtlich nicht gethan hat, deßhalb soll seine Souveränität beeinträchtigt 
gewesen sein!? Wie kann man denn eine solche Behauptung aussprechen? 
Baiern war berechtigt dazu, die Sonderrechte zu beseitigen, es hat dies nicht 
gethan, weil es gesehen hat, daß das Interesse, das Wohl der Landesange- 
börigen dies nicht verlange, daß das Wohl der Landesangehörigen rielmehr 
Schenung, zeitgemäße Schonung verlange. Eine Beeinträchtigung der Sou- 
reränität ist hierin auch nicht im Entferntesten enthalten. Man hat auch 
gesagt, Baiern habe Nichts geleistet. Nun, meine Herren, ich frage Sie, 
wo sind denn die Staaten Deutschlands, welche mehr als Baiern im Laufe 
der Geschichte geleistet haben? Ist denn nicht Baiern bei allen großen Vor- 
gängen der Deutschen Geschichte mitbetheiligt gewesen? Und wenn, wie kann 
man dann sagen, Baiern hat Nichts geleistet? Oder wenn vielleicht diese 
Aeußerung blos auf unser Jahrhundert Bezug hat, seit Baiern den Titel 
„seurerän“ hat, so frage ich: sind denn die Dinge, die wir um uns sehen, 
keine Leistungen Wer ist es denn gewesen, der jenes Institut einleitete, auf 
das die Herren jetzt so gerne ein übergroßes Gewicht legen, das Institut des 
Zollvereines? Ist es nicht Baierns Fürst gewesen, der dieses Institut zuerst 
ins Auge gefaßt und für Deutschland zuerst angestrebt hat? Und wenn das 
Naterialien Ill. 43
	        
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