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in Baiern, um den Ruͤckersatz dieser Kosten zu erwirken; das einzige Mittel
waͤre die Ministeranklage, und daß dies Mittel nicht zum Zwecke führt, be-
greife wohl Jeder. Meine Herren, ich wundere mich, wie ein Mann, der
seit 20 Jahren in der Kammer sitzt, eine solche Behauptung aufstellen mag.
Ihh bin erst ein Jahr da, und doch weiß ich aus meiner eigenen Praxis,
kaß die Sache nicht so ist. Es gibt einen Rückersatz, er ist vorgekommen,
erst im letzten Landtage hat man den Rückersatz von circa 10,000 fl. —
ich weiß die Summe nicht mehr genau — verlangt, welche Ihrer Masestät
der Königin-Wittwe von Griechenland über die erforderlichen Summen aus-
bezahlt worden sind, und der Rückersatz ist erfolgt. Und außerdem wissen
Sie ja Alle, daß zur Zeit als König Otto in Griechenland noch auf dem
Throne war, eine Differenz sich ergab und auch damals ist der Rückersatz
gegeben worden. Es ist also nicht richtig, daß die baierische Landesvertretung
kein Mittel habe, um Rückersatz zu erlangen, sie hat wirklich ein Mittel, sie
bat es schon angewendet, und wenn sie es in Zukunft kräftig anwendet, wird
es zum Ziele führen. Gegenüber der vorhin vorgelesenen Aeußerung Sr.
Erellenz des Herrn Staatsministers v. Lutz, die offenbar die baierische
Selbständigkeit auch nicht übermäßig hoch anschlägt, muß ich doch ein Akten-
stück rerlesen, das mir vor etlichen Tagen in einer Zeitung in die Hand ge-
kemmen ist. Es ist ein Allerhöchster Erlaß Seiner Majestät des Königs
Max II. vom 12. Jänner 1851, und darin heißt die wesentliche Stelle wie
felgt: „Der Baier kann stolz sein auf seine Geschichte, sie geht zurück in
das graueste Alterthum und verkündet auf allen ihren Blättern, wie das Volk
treu an seinem angestammten Fürstenhause gehangen, wie dies für sein Bestes
gesorgt, wie beide vereint ihre Selbständigkeit behauptet und damit
nicht nur die eigene Wohlfahrt, sondern auch die der übrigen
deutschen Völker und des Deutschen Reiches mit kräftiger Hand ge-
schützt haben.“ Und so geht es fort. Es genügt diese Stelle, um zu zeigen,
daß man vor 19 Jahren in den maßgebendsten Kreisen Baierns eine sehr
bebe Anschauung von der Bedeutung und Selbständigkeit Baierns gehabt
bat. Ich, meine Herren, muß sagen, daß diese Anschauung vom 12. Jänner
1851 nach meiner Ueberzeugung die allein richtige ist, und daß die An-
schauung von der Bedeutungslosigkeit, welche jetzt so vielfach sich geltend
macht, in der eigenthümlichen Phase, in der wir jetzt sind, keine berechtigte
sondern nur eine aus der Lage gezogene ist. Wenn man die baierische Ver-
fassung so gering anschlägt, wenn man in der baierischen Verfassung nicht
das gehörige Mittel findet, um sich, um die Volkorechte nach allen Seiten
bin zu schützen und zu schirmen, dann wundert mich Eines noch mehr als
das, was ich eben gesagt habe, und dieses Eine, was mich noch mehr wun-
dert, ist die Hochachtung, die Hochschätzung der Deutschen Bundesverfassung,
in welcher Deutschen Bundesverfassung die Herren Redner ein Palladium
gegen jede übermäßige Belastung auch für Baiern sehen zu müssen glauben.
Ja, meine Herren, wenn die baierische Verfassung, welche wir jetzt seit dem
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