Greil. 681
reich und Preußen die Rede gewesen, man hat den Krieg zwischen Oester-
reich und Preußen auch jenseits für möglich erklärt, und ich war bereits im
Ausschusse in der Lage, auf diese Erentualität hinzuweisen, wie auch unser
Herr Referent darauf hingewiesen hat. Wer den Gang der Dinge ver-
folgt, wer namentlich das Prinzip betrachtet, welches man seit beinahe zwei
Jahrzehnten zur Geltung bringt, das Prinzip der nationalen Absonderung
der Staaten, wer dieses Prinzip betrachtet, braucht nicht erst lange herum-
zufragen nach außenhin, ob denn ein Krieg mit Oesterreich möglich oder
wahrscheinlich sei oder nicht. Eben in diesem Prinzipe der nationalen Ab-
geschlossenheit der Staaten liegt der Keim eines künftigen Krieges gegen
Oesterreich, eines Krieges, den wir dann, wenn wir ins Reich eingetreten
sind, an der Seite Preußens zu kämpfen haben, vielleicht an der Seite Ruß-
lands. Eben darin liegt der Keim des Kricges, wenn wir eintreten. Treten
wir nicht ein, halten wir uns fern, und suchen wir etwa nach Jahr und
Tag oder auch früher ein Mittel, ein freundliches Verhältniß mit Preußen
zu erhalten — denn wir haben es ja bisher noch erhalten — ohne uns in's
Reich einverleiben zu lassen, dann, meine Herren, machen wir dem Prinzipe
der Nationalität einen Strich durch die Rechnung, das Prinzip lassen wir
nicht wirken, und dann haben wir Hoffnung, daß dieser Krieg nicht aus-
brechen werde. Aber noch mehr! Weil wir einmal vom Kriege sprechen, muß
ich noch etwas anderes sagen. Haben Sie nicht gesehen, meine Herren,
welchen Erfolg das Prinzip der Nationalitäten bereits gehabt hat? Napolcon
hat es zuerst verkündet, verkündet mit Graf Cavonr in Turin. Die Folge
ist gewesen eine Reihe von Kriegen zur Herstellung einer sogenannten ltalia
una, aber auch zur Herstellung eines maßlosen Elends in Jtalien selbst.
Denn, meine Herren, Sie mögen die finanzielle Seite anschauen oder die
volkswirthschaftliche oder die religiöse oder die wissenschaftliche, auf allen Ge-
bieten sehen Sie in Italien nur ein Niedersinken, ich möchte sagen, einen
Untergang alles desjenigen, was einem Volke heilig und ehrwürdig ist. Und
wie das Prinzip damals den Krieg hervorgerufen hat, so wird es auch ander-
wärts das thun, und mein Wunsch ist, es möge diesem Prinzipe von unserer
Seite so sehr als möglich entgegengetreten werden. Dadurch erwerben wir
uns ein Verdienst nicht blos um Baiern, sondern um Deutschland, um die
ganze civilisirte Welt. (Bravo rechts.) Ein Entgegenwirken gegen dieses Prinzip
ist ein Entgegenwirken gegen die allgemeine europäische Rechtslosigkeit. Denn,
meine Herren, im großen Staatsleben sind wir jetzt in Europa da ange-
langt, wo man im kleinen Leben im Jahre 1256 u. f. angelangt war, näm-
lich da sind wir angelangt, wo es kein Recht mehr gibt, wo, wie es förmlich
ausgesprochen worden ist, Gewalt vor Recht geht. Und, meine Herren, eim
Zustand, wo Gewalt vor Recht geht, das ist ein entsetzlicher Zustand, und
einen solchen Zustand ferne zu halten, muß jeder aufbicten, was er kann.
Daß aber ein Krieg mit Oesterreich in der Atmosphäre schon zu liegen scheint,
läßt sich selbst aus Aeußerungen im Norddeutschen Reichstage in der letzten