Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Stauffenberg. 719 
rerantwortlichkeit in die Bundesrerfassung eingeführt wird, darin mehr eine 
Hinneigung zum Einheitsstaate gefunden würde, als zu einem freien födera- 
tiren Staatswesen; ich will auf diese Frage nicht eingehen, ich will nur etwas 
betenen, was mir aus dem folgt, was ich bisher vorgetragen habe. Der be- 
trächtlichste Theil der Verwaltung, welcher der Bundesregierung überwiesen 
ist, ist eben gerade die Militärrerwaltung und hauptsächlich und gerade 
wegen der Militärverwaltung hat man auch die Nothwendigkeit der Verant- 
wortlichkeit des betreffenden Bundesministers gefordert. Nun sind wir in 
dieser Beziehung in Baiern beträchtlich besser daran als alle andern Staaten 
des Deutschen Reiches. Denn wir behalten unser gesondertes Militärbudget 
und bebalten unseren Kriegeminister, welcher uns für die gesammte Verwal- 
tung des Militärwesens, die er in eigener Kompetenz fortführt, auch verant- 
wortlich bleibt. Wir haben also in dem Haupttheile der Bundesverwaltung 
die Ministerverantwortlichkeit praktisch durchgeführt und die Bedenken, welche 
bei Vielen wegen des Fehlens diescs Prinzipes bestehen, sind für uns in 
Baiern beträchtlich abgeschwächt. — Ich will noch auf einen weitern Punkt 
aufmerksam machen, der mir im Zusammenhange mit dem eben Erörterten 
zu stehen scheint. Ich weiß nicht, welcher Vorredner es war, der Sie schon 
darauf aufmerksam gemacht hat, daß die Verzögerung unseres Eintrittes durch 
die Beschlüsse, welche der Reichstag ohne uns fassen würde, Zustände herbei- 
führen könnte, welche für uns sehr unangenehm sind. Hier haben Sie einen 
rraktischen Beweis dafür. Der nächste Deutsche Reichstag wird für die Ent- 
wickelung des Deutschen Volkes schon aus dem Grunde eine ganz fundamen- 
lule Bedeutung haben, weil dieser Reichstag die in der Bundesverfassung 
vorgesehene Feststellung der Präsenzstärke des Heeres für eine bestimmte Dauer 
remehmen wird. Meine Herren! Ich betrachte es nicht als etwas Gleich- 
giltiges, ob wir bei dieser Festsetzung mit anwesend sind oder nicht. Wenn 
Sie die stenographischen Berichte über den konstituirenden Reichstag nur 
durchblättern und sich ein wenig die Abstimmungsresultate anschauen, so 
werden Sie finden, daß ein großer Theil der Beschlüsse, die in der Bundes- 
rerfassung enthalten sind und die uns nicht gefallen, mit einer ganz kleinen 
Majorität, mit einer Majorität, welche die Minorität mehrmal nur um zehn, 
ja um fünf Stimmen überschritten hat, gefaßt worden ist. Meine Herren, 
ich schlage die Anwesenheit oder Nichtanwesenheit von 48 baierischen Abgeord- 
neten für diese Frage durchaus nicht gering an, ich glaube, ich kann sie nicht 
kech genug anschlagen, und bitte Sie, diesen Gesichtspunkt scharf in's Auge 
iu fassen. Ich weiß nicht, auf wie lange es gelingen wird, unseren Beitritt 
iu verzögern, aber es kann unzweifelhaft gelingen, ihn über jenen Zeitpunkt 
binaus zu verzögern, in welchem der Deutsche Reichstag diese Bestimmungen 
wefen muß, und, meine Herren, die Verantwortlichkeit für das. was dann 
ohmne die baierischen Stimmen geschehen ist, und für das Nichtzustandekommen 
dessen, was mit unseren Stimmen vielleicht hätte geschehen können, trifft nicht 
zns, die „Ja“ sagen, sondern Diejcnigen, die das, was sie nicht hin dern
	        
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