722 Baiern. Kammer der Abgeordneten.
teres bemerken lassen. „Eisenbahnwesen und die Herstellung von Land= und
Wasserstraßen im Interesse der Landesvertheidigung und des allgemeinen
Verkehrs!“ Hier haben die baierischen Verträge jene Beschränkungen gemacht,
welche im Interesse gesunder Selbstäudigkeit verlangt werden sollen, und welche
vielleicht ein wenig über dieses Maß hinausgegangen, aber jedenfalls nicht
unter dem Maß geblieben sind, welches Sie für diese Dinge verlangen kön-
nen. Ich übergebe ein paar untergeordnete Punkte, und komme auf die ge-
meine Gesetzgebung über das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels= und
Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren. Auch in dieser Beziehung wird
sich bei keinem der Punkte läugnen lassen, daß eine gemeinsame Deutsche
Gesetzgebung so viele Vortheile bietet, daß alle partikularistischen Einsprüche
vollständig dagegen verschwinden. Man hat ja diesen Drang schon lange ge-
fühlt. Wie viele Kommissionen haben wir in Deutschland schon gehabt, um
ein gemeinsames Obligatienenrecht, um einen gemeinsamen Givilprezeß, um
ein gemeinsames Handels= und Wechselrecht zu machen! Und das Handels-
und Wechselrecht ist das einzige, welches wirklich gemacht worden ist. Nun
sagen Sie: Ja, aber es konnte nicht ohne Zustimmung des baierischen Land-
tages zu Stande kommen. Das ist allerdings richtig, aber was der baie-
rische Landtag von dieser Zustimmung gehabt hat, weiß ich wirklich nicht.
Es gehört in der That ein großes Vergnügen an so formalen, inhaltsleeren
Rechten dazu, um sich darüber zu freuen. Der baicrische Landtag hat keine
Abänderung vornehmen können, sondern es einfach acceptiren müssen, wie es
liegt. Daß der gemeinsame Civilprozeß kommt, nun darüber habe ich speziell
ein besonderes Vergnügen, aber ich unterlasse es aus nahe liegenden Grün-
den, über dasselbe mich weiter auszulassen. Außer diesen in der Bundesver-
fassung aufgestellten Beziehungen aber ist das ganze Gebiet der Gesetzgebung
und Verwaltung der Kompetenz des baierischen Landtages nicht entrückt,
sondern ist der Kompetenz desselben erhalten. Ich würde fürchten, Sie zu
beleidigen, wenn ich Ihnen da irgend eine Aufzählung machte. Nehmen Sie
ein beliebiges Buch über Verwaltungsrecht z. B. das Buch von Pö5zl oder
irgend ein anderes Kompendium her, und sehen Sie die einzelnen Aufschrif-
ten durch, so werden Sie äußerst selten auf Punkte kommen, die der Kompe-
tenz des Reichstages zugewicsen sind, Sie werden fast nur Dinge finden, die
der Kompetenz des baierischen Landtags bleiben. Nun nehmen Sie ge-
fälligst auch das Hefichen her, welches man Ihnen übergeben hat, und wel-
ches die Sammlung der Norddeutschen Bundesgesetze enthält, welche in Baiem
eingeführt werden sollen; ich werde Ihnen die Gesetze nicht vorlesen, aber Sie
werden finden, daß es entweder lauter Punkte sind, über die wir bis jetzt
einer gesetzlichen Regelung entbehrt hatten, und die durch die Gesetzgebung
des Norddeutschen Bundes zweckmäßig geregelt werden, oder daß es lauter
solche sind, welche wir schon eingeführt haben, wie die Gesetze über die
Erwerbs= und Wirthschafts-Genossenschaften, über die Aktiengesellschaften u. s. w.
Das also, daß unseren gesetzgebenden Faktoren durch diese Norddeutsche Bun-