Stanffenberg. 727
Herren! es kann auch anders kommen. Ich will auf eine Berechnung
der einzelnen Ziffern in dieser Beziehung nicht eingehen, es scheint mir, der
Herr Finanzminister hat das Wesentliche schon beigebracht, und es hieße wirk-
lich Eulen nach Athen tragen, immer denselben Gegenstand mit ähnlichen
Argumenten vor Ihnen zu behandeln. Ich möchte nur auf ein paar Punkte
aufmerksam machen, welche vielleicht untergeordnet scheinen können, welche
aber doch zu einem großen und bedeutenden Mißverständnisse Anlaß gegeben
haben. Im Laufe der Auseinandersetzung des Referates — ich weiß nicht,
ist es in dem Kolb'schen oder in dem Jörg'schen Theile — findet sich auch
einmal die Behauptung: „Exident ist übrigens nach der ministeriellen Mit-
theilung, daß Baiern gegen die Herbeiziehung zur früheren Norddeutschen
Bundesschuld nicht gesichert ist.“ Meine Herren! Diese Bemerkung hat
nach außen und in diesem Hause schon zu großem Mißverständnisse Anlaß
gegeben. Es wurde nemlich als möglich dargestellt, daß wir nicht nur unsere
eigene Kriegslast zu zahlen haben, sondern daß wir auch an den 175 Millio-
nen mitzahlen müßten, welche der Norddeutsche Bund zum Behufe des
Krieges aufgenommen hat. Ich weiß nicht bestimmt, ob das die Ansicht des
Herrn Kolb war und ob er auf diese Schuld anspielen wollte, allein seine
desfallsige Acußerung kann so ausgelegt werden, und sie ist auch wirklich so
ausgelegt worden. Das ist nun doch ganz offenbar ein Irrthum und ich
brauche ihn in diesem hohen Hause blos zu erwähnen, brauche ihn aber nicht
zu widerlegen. Eine weitere Ziffer, die mir außer den vom Herrn Finanz-
minister bereits gerügten in diesem Referate aufgefallen ist, ist die Annahme,
daß die Staatseinnahme um eine Million sich vermindern werde. Ich weiß
nicht, welche Anhaltspunkte der Verfasser der Denkschrift zu dieser Annahme
gehabt hat, mir scheint aber diese Aunahme — ich gestehe es — vollständig
unbegründet zu sein. Es ist kein Anhaltspunkt vorhanden, daß unsere Eisen-
bahnen gerade nächstens einen geringeren Ertrag, es ist kein Anhaltspunkt
vorhanden, daß unsere Zölle einen geringeren Ertrag liefern werden, im
Gegentheile, wenn ich recht unterrichtet bin, hat sogar bei den letzten Ab-
rechmungen ein Steigen derselben konstatirt werden können. Warum gerade
eine Million angenommen worden ist, warum nicht zwei, warum nicht fünf,
warum nicht eine halbe Million, warum überhaupt nicht gerade jede andere
Summe, dafür geht mir jedes Verständniß ab. Der Verfasser der Denk-
schrift hat sich in einer Anmerkung, welche er zu derselben gemacht hat, darauf
berufen, daß in England ähnliche Zustände eingetreten seien, und er führt
eine Reihe von Zahlen an, welche ich wenigstens mit ein paar Worten zu
beleuchten nicht umhin kann. Denn, meine Herren, wem wir die Verlässig-
keit einer derartigen Denkschrift, wo Alles auf die höchste Ziffergenauigkeit
ankommt, prüfen wollen, können wir auch nicht die kleinste Ziffer ohne Be-
merkung durchschlüpfen lassen. Der Herr Abgeordnete Kolb sagt: „Der
Geldwerth der exportirten Waaren Englands im letzten Kriegsfahre 1815
51,#2 Millionen Pfund Sterling betragend, sank von nun an ftufenweise,