Stauffenberg. 735
von der Seite des Herrn Abgeordneten Greil geschehen ist, dieß gewisser-
maßen als cine Art persönlichen Vorwurfs aufgefaßt, als einen persönlichen
Vorwurf, der von Seite eines Redners irgend einem Mitgliede auf der an-
dern Seite des Hauses gemacht werden wollte, als conspirire er mit dem Aus-
lande, als sei er Schuld daran, daß die Franzosen noch Hoffnungen auf uns
setzen. Meine Herren, ich glaube, es kann das keinem Menschen einfallen,
und mir fällt das am wenigsten ein. Die Gefahr liegt nicht in dem, was
ein einzelnes Mitglied dieses hohen Hauses will oder nicht will; die Gefahr
liegt in der ganzen Situation, und wenn ich mich auf die Situation berufe,
so habe ich da keine bessere Autorität als den Herrn Referenten selbst.
Es war bei Gelegenheit der Berathung der Zollrereinsverträge, als der Herr
Referent, der historisch gewiß ganz richtige und unanfechtbare Bemerkungen
über die Allianzverträge machte, daß er den Verzicht Baierns auf eine Son-
derbündelei nicht gering anschlage sondern denselben für viel, sehr viel, für
so viel halte, daß ein solcher Verzicht in der ganzen baierischen Geschichte
noch gar nie dagewesen ist. Er hat dann wörtlich fortgefahren: „In jeder
großen Krisis war Baiern vordem der Verbündete des Auslandes iusbeson-
dere Frankreichs.“ Er hat an einer andern Stelle seiner Rede, als er die
Geschichte seiner Wiederwahl erzählt, die mir damals außerordentlich auffal-
lende, aber ganz unwidersprechlich richtige Bemerkung gemacht, daß er, als
sein Mandat einer Wiederwahl unterlag, den Wahlmännern seines Kreises
einen Brief geschrieben habe, in welchem er sagt: „Allem Anscheine nach
werde es in Baiern demnächst nur zwei Parteien geben; nämlich eine
französische und eine deutsche, und ich wollte Niemand im Zweifel
darüber lassen, welcher dieser Partei ich angehöre.“ Daß der Herr Referent
damals und auch später ganz unzweifelhaft der letzteren angehören Partei wollte,
ist etwas, was ich ihm damals zur großen Ehre anrechnete. Allein, meine
Herren, die Thatsachen die er konstatirt hatte, bestehen, und wir würden
wirklich wie der Vogel Strauß haudeln, der etwas Unangenehmes nicht sehen
will und den Kopf in den Sand rersteckt, wenn wir unsere Augen dieser
Thatsache gegenüber verschlössen. Wenn Sie unsere Presse flüchtig durch-
lesen wollen — es wird nur ein paar Schritte in unser Lesezimmer bedürfen
— so können Sie darüber, daß die Aeußerung des Referenten nicht blos
damals, sondern auch heute noch richtig ist, keinen Augenblick in Zweifel sein.
Es ist von mehreren Seiten dieses hohen Hauses betont worden, daß unsere
Beschlüsse auf die Fortdauer dieses Krieges, auf das französische Volk von
keinem Einflusse sein werden. Das französische Volk habe sich schon non
selbst aufgerafft und unserer Beschlüsse nicht bedurft. Das ist in einem ge-
wissen Simee richtig, und derjenige Herr, welcher das gesagt hat, hat voll-
ständig Recht gehabt, wenn er jede persänliche Infinuation in dieser Beziehung
zurückgewiesen hat. Allein, meine Herren, daß man in dieser Beziehung
außerordentlich vorsichtig sein muß, das haben die Thatsachen ge-
lehrt, von denen ich sogleich sprechen werde. Meine Herren, der Herr