744 Balern. Kammer der Abgeordneten.
nicht wollen, weil sie den Einheitsstaat wollen, und die Freude Jener, welche
ein gespaltenes, zerrissenes Deutschland als ein Objekt ihrer Intriguen wün-
schen. Meine Herre ich bleibe ein guter Baier und ich sage Ja! (An-
haltender Beifall.)
Dr. Jörg (Referent)"): Meine Herren, ich werde auf die stundenlange
Rede meines Herrn Vorredners, wenigstens auf einzelne Theile derselben,
natürlich erst am Schlusse zurückkemmen. Für jetzt erlanbe ich mir mur
kürzere Bemerkungen, zunächst in Bezug auf die Adressen, die an mich per-
sönlich gerichtet worden sind. Sie haben von Herrn Baron von Stauffen-
berg verschiedene Stellen verlesen hören, die ich bei der Berathung über
den Zollrerein im Jahre 1867 geäußert habe. Ja, meine Herren, ich habe
das gesagt, und alles das, was ich damals gesagt babe in Bezug auf meine
Stellung zur „Deutschen Partei“ gegenüber einer etwa auftauchenden fran-
zösischen, alles das, was ich geäußert habe über meine entschiedene Abneigimg
gegenüber jeder „Sonderbündelei mit dem Auslande" — wozu ich übrigene
Oesterreich damals schon nicht gerechnet habe — alles das kann ich heute
noch mit gutem Gewissen wiederholen. Und weil ich das kann, so finde
ich darin auch den stärksten Trost bei dem Standpunkte, auf dem ich hier
stehe, und eben darum, meine Herren, rührten mich auch Ihre Erhortationen
nicht, daß die „Deutsche Pflicht“ es gebiete, zu den Verträgen, wie sie uns
jetzt vorliegen, und gerade zu diesen Verträgen „Ja“ zu sagen. Das ist
das Eine. Herr Baron von Stauffenberg hat gesagt, ich hätte damals
im Jahre 1867 mich geäußert, unser „Nein“ zu dem uns vorgelegten Zoll-
vereinsvertrage würde ein Schlag durch ganz Emopa sein. Auch das habe
ich gesagt. Jetzt glaube ich nicht mehr und würde ich nicht mehr glauben,
ron unserm „Nein“ das sagen zu können; und zwar aus dem sehr einfachen
Grunde, weil es nach dem Ausspruche eines ja hier schen öfter citirten
Staatsmannes zur Zeit kein Europa mehr gibt. (Heiterkeit.) Nun, meine
Herren, ich weiß wahrhaftig nicht, warum Sie lachen. Ich denke, Sie ver-
stehen den Sinn meiner Worte. Wir baben ein völkerrechtlich geordnetes
Europa, in dem es rertragsmäßige Rechtszustände gibt, nicht mehr. In
diesem Sinne hat der Staatsmann gesprochen und in diesem Sinne habe
ich gesrrochen. Wenn man aber gleichwohl daher kommt und sagt: Unser
„Nein“ wäre eine Ermutbigung der Franzosen, so wiederhole ich, was ich
an einem andern Orte schen gesagt habe: ich erkenne in diesen immer
wiederbolten Aeußerungen die stärkste aller Pressionen, die man gegen uns
ausführt, eine Pression, bei der sich mir das Herz im Leibe umkebren mochte.
(Heiterkeit.) — Darf ich fortreden, meine Herren, oder nicht? — das Herz
im Leibe umkehren mochte, habe ich gesagt; und eben darum werde ich
über diesen Punkt hier gar nichts mehr äußern. Wer darüber meine An-
schamung kennen lernen will, der möge die Ausschußprotokolle lesen; ich babe
*) St. B. S. 227 l. m.