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mich dort deutlich genug ausgesprochen. Endlich, meine Herren, was den
„Depeschenwechsel" betriffe! Num über den Depeschenwechsel zwischen Oesterreich
und Preußen wie cx seit einiger Zeit stattfindet, batte ich schon die Ehre,
zegenüber dein Herrn Abg. von Schauß Einiges zu äußern. Ich wieder-
bele: Bis jetzt ist der Depeschemvechsel wirklich das Papier nicht werth, das
zu demselben verbraucht wurde. Es müßten, wenn die Hoffnumgen, die Sie
darauf gründen, sich verwirklichen sollten, auf das Papier noch ganz andere
Dinge geschrieben werden. Ich habe bereits erklärt. ich könne es nun der
JZukunft überlassen, ob das gescheben wird. Aber Eines möchte ich Ihnen
sagen: Wenn von dem „Depeschenwechsel“ die Rede ist, — ich kann ja nichts
dafür — unwillkürlich erinnere ich mich an einen andern Depxeschenwechsel,
der wahrlich auch freundschaftlich genng war, und wir wissen und haben
erlahren, wohin er geführt hat. — Aber, meine Herren, ich habe eigentlich
Jore Geduld zu einem andern Jwecke in Anspruch genommen als um per-
senliche Bemerkungen zu machen, wie ich es jetzt gethan habe, und ich muß
bitten, mir zu erlauben, nur noch Einiges zu äußern über die jetzt so viel
rentilirte Frage nach dem Vethältnisse zwischen Art. 60, 62 und 5 der
Bundesrerfassung, wie sie vorgelegt worden ist. Ich glaube, meine Herren,
Keiner, der die Verhandlungen genauer kennt, wird mir widersprechen, wenn
ich sage: In diesen Artikeln, namentlich 5 und 62 zeigt sich, um ein be-
kanntes Wort zu gebrauchen, der breite Stempel des Urspumgs dieser Ver-
fassung. Sehen Sie, meine Herren, die Sache ist ja ganz einfach so: Bei
der Berathung der Bundesrerfassung und in dem vorgelegten Entwurfe war
die Kreue Preußen bestrebt, sich eine möglichst absolute Machtbefugniß auf
dem militärischen Gebiete zu sichern. Im Reichstage war eine Mehrheit
bestrebt, auch den parlamentarischen Einfluß geltend zu machen. Und zwischen
diesen beiden Richtungen ist schließlich ein Kompromiß zu Stande gekommen,
welches eben in den beiden genannten Artikeln uns vorliegt. Das, glaube
ich, wird die ziemlich richtige Auffassung sein. Nun ist in den letzten Tagen
rersucht worden, den Artikeln eine Deutung zu geben, welche für uns eine
unmittelbar praktische Seite haben soll. Man hat gesagt: „Wenn ein gewisser
Fall eintritt, d. h. wenn das Etatsgesetz nach Art. 62 nicht zu Stande
kemmt, dann branchen wir in Baiern gar nichts zu bezahlen.“ Nun, meine
Herren, das ist auch eme Aeußerung, die sehr angenehm in die Obren klingt.
I glaube aber, daß es dazu gar nie kommen wird. Der Fall wird nicht
cintreten: Pons non ruit, wie ein alter (lasuist gesagt hat. Die Brücke
bricht nicht, und zwar aus zwei Gründen. Ich glaube, daß für die Zeit
nach dem 31. Dezember 1871, zu welchem Zeitpumkte der sogenannte „eiserne
Militäretat" aufhört, es gar keinen Anstand haben wird, daß das Etatsgesetz
zu Stande kommt resp. bereits vorliegen wird, und zwar ein Etatsgesetz
ganz nach dem Herzen des Königs von Preußen und seines Kriegsministers.
Ic brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, auf welche Gründe ich mich hiebei
stützt. Sie haben ja das oft genug selbst gesagt. Es sind die gegenwärtigen