Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Jörg. 745 
mich dort deutlich genug ausgesprochen. Endlich, meine Herren, was den 
„Depeschenwechsel" betriffe! Num über den Depeschenwechsel zwischen Oesterreich 
und Preußen wie cx seit einiger Zeit stattfindet, batte ich schon die Ehre, 
zegenüber dein Herrn Abg. von Schauß Einiges zu äußern. Ich wieder- 
bele: Bis jetzt ist der Depeschemvechsel wirklich das Papier nicht werth, das 
zu demselben verbraucht wurde. Es müßten, wenn die Hoffnumgen, die Sie 
darauf gründen, sich verwirklichen sollten, auf das Papier noch ganz andere 
Dinge geschrieben werden. Ich habe bereits erklärt. ich könne es nun der 
JZukunft überlassen, ob das gescheben wird. Aber Eines möchte ich Ihnen 
sagen: Wenn von dem „Depeschenwechsel“ die Rede ist, — ich kann ja nichts 
dafür — unwillkürlich erinnere ich mich an einen andern Depxeschenwechsel, 
der wahrlich auch freundschaftlich genng war, und wir wissen und haben 
erlahren, wohin er geführt hat. — Aber, meine Herren, ich habe eigentlich 
Jore Geduld zu einem andern Jwecke in Anspruch genommen als um per- 
senliche Bemerkungen zu machen, wie ich es jetzt gethan habe, und ich muß 
bitten, mir zu erlauben, nur noch Einiges zu äußern über die jetzt so viel 
rentilirte Frage nach dem Vethältnisse zwischen Art. 60, 62 und 5 der 
Bundesrerfassung, wie sie vorgelegt worden ist. Ich glaube, meine Herren, 
Keiner, der die Verhandlungen genauer kennt, wird mir widersprechen, wenn 
ich sage: In diesen Artikeln, namentlich 5 und 62 zeigt sich, um ein be- 
kanntes Wort zu gebrauchen, der breite Stempel des Urspumgs dieser Ver- 
fassung. Sehen Sie, meine Herren, die Sache ist ja ganz einfach so: Bei 
der Berathung der Bundesrerfassung und in dem vorgelegten Entwurfe war 
die Kreue Preußen bestrebt, sich eine möglichst absolute Machtbefugniß auf 
dem militärischen Gebiete zu sichern. Im Reichstage war eine Mehrheit 
bestrebt, auch den parlamentarischen Einfluß geltend zu machen. Und zwischen 
diesen beiden Richtungen ist schließlich ein Kompromiß zu Stande gekommen, 
welches eben in den beiden genannten Artikeln uns vorliegt. Das, glaube 
ich, wird die ziemlich richtige Auffassung sein. Nun ist in den letzten Tagen 
rersucht worden, den Artikeln eine Deutung zu geben, welche für uns eine 
unmittelbar praktische Seite haben soll. Man hat gesagt: „Wenn ein gewisser 
Fall eintritt, d. h. wenn das Etatsgesetz nach Art. 62 nicht zu Stande 
kemmt, dann branchen wir in Baiern gar nichts zu bezahlen.“ Nun, meine 
Herren, das ist auch eme Aeußerung, die sehr angenehm in die Obren klingt. 
I glaube aber, daß es dazu gar nie kommen wird. Der Fall wird nicht 
cintreten: Pons non ruit, wie ein alter (lasuist gesagt hat. Die Brücke 
bricht nicht, und zwar aus zwei Gründen. Ich glaube, daß für die Zeit 
nach dem 31. Dezember 1871, zu welchem Zeitpumkte der sogenannte „eiserne 
Militäretat" aufhört, es gar keinen Anstand haben wird, daß das Etatsgesetz 
zu Stande kommt resp. bereits vorliegen wird, und zwar ein Etatsgesetz 
ganz nach dem Herzen des Königs von Preußen und seines Kriegsministers. 
Ic brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, auf welche Gründe ich mich hiebei 
stützt. Sie haben ja das oft genug selbst gesagt. Es sind die gegenwärtigen
	        
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