Völk. Huttler. 753
gegen den Willen des Königs von Preußen nach Absatz 2 Art 5 nicht zu
Stande kommen.“ Also sagt Hiersemenzel, von diesem Zeitpunkte an giebt
es gar kein Gesetz über die Friedenspräsenzstärke, weder verfassungsmäßig
noch interimistisch. Was geschieht aber, wenn ein solches nicht da ist?
Werden wir die Soldaten rerhungern lassen oder werden wir sie einfalzen
oder was werden wir machen? Das will ich Ihnen auch sagen. In Preußen
wird gerade das geschehen, was in Baiern geschehen würde, wenn wir uns
herausnehmen würden, dem Herru Kriegsminister gar nichts mehr
für das Militär zu geben, wozu wir verfassungsmäßig in unserem Steuer-
bewilligungsrecht nach dem Wortlaute auch formell das Recht haben.
Gerade dasselbe wird da auch geschehen, d. h. man wird einen Kompremiß
auf vernünftiger Grundlage miteinander schließen, denn ich glaube, daß weder
dem Deutschen Reichstag noch der baierischen Kammer noch den Vertretern
der Regierung die Vernunft wird abhanden kommen. Das glaube ich nicht.
Aber eine Norm ist gegeben in der Organisation des Heeres, welche nicht
aufgehoben werden darf, welche Organisation forterhalten werden muß, mit
und ohne Etat, mit und ohne Finanzgesetz, mit und ohne Budget, weil und
solange das Wohl des Landes eine solche Organisation erheischt. Darin
liegt das Korrektiv. Und wenn es sich um Summen handelt, wird niemals
im Norden und niemals hier eine Volksvertretung eristiren, welche Nichts
geben wird. Man wird eben, wenn man eine Summe vereinbart, wie es
auch bei uns ist, die niedere Summe als die vereinbarte ansehen müssen.
So wird es gehen, wenn es nicht zur Gewalt kommt. Käme es aber zur
Gewalt, sei es im Norden oder bei uns, wenn man unrernünftig und un-
sinnig, d. h. das Verhungern der Armee dekretiren würde, so vertraue ich
unserem Herrn Kriegsminister, wenn er auch nicht Graf Bismarck ist,
daß er ebenso wenig seine Soldaten verhungern lassen wird als Graf Bis-
marck und Freiherr von Roon. Aber, meine Hohen Herren, zurückgekehrt
auf den Rechtsstandpunkt, meine ich, daß man diesen Punkt doch einmal
einsehen sollte, daß man wenigstens die Autorität, die man im nämlichen
Augenblick selbst zitirt hat, nicht im nächsten Augenblick wieder über den
Haufen werfen soll.)
Dr. Huttler““): Meine Herren! Als wir uns in der schweren Stunde
des 19. Juli hier versammelten, um unsere folgenschwere Abstimmung zu
geben, da hat auch gewiß kein Mitglied dieses hohen Hauses daran gedacht,
oh er der Fortschrittspartei oder dieser Partei des Hauses angehöre.
Alle, meine Herren, waren in diesem Augenblicke nur von dem Wunsche be-
Die folgenden Reden: Golsen S. 228 r., Louis S. 231 r. u., Makowiczka
S. 237 (77. Sitzung vom 17. Jannar 1871), Dr. A. Schmid S. 241, Schüttinger
S. 244. Krätzer S. 247.
½) Et. B. S. 265 l. u. (78. Sitzung vom 18. Januar 1871.)
Materialien III.