Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Huttler. 757 
gewalt eine wahr Ueber macht eingeräumt, und schon durch die enorme Ver- 
schiedenheit der Größe wie der Machtverhältnisse der einzelnen zu einem 
Bunde zusammengefaßten Staaten ist einem wahren förderativen Verhältnisse, 
das eben auf dem (Frundcharakter des germanischen Wesens, der Selbstbe- 
stimmung, der individuellen Freiheit sich gründet, Abbruch gethan. Dazu 
kommt noch, daß die Centralgewalt noch immer eine wahrhaft übermäßige 
Stärke besitzt, welche die berechtigte Selbstbestimmung, die berechtigte Selbst- 
ständigkeit der einzelnen Staaten, die in Verbindung gebracht werden sollen, 
jeden Augenblick gefährden und beschädigen kann. Wir haben ferner dar- 
nach gestrebt, die Lasten des Volkes zu erleichtern; in diesen Verträgen ist 
aber von einer Erleichterung der Lasten, der Militärlasten vorzugsweise, gewiß 
nichts zu verspüren, sondern wohl recht empfindlich und drückend vom Gegen- 
theile. Was die constitutionelle Entwicklung betrifft, so machen wir in diesen 
Verträgen geradewegs einen Rückschritt. Manche Rechte der Krone und des 
Landes gehen nicht wieder an einen constimtionellen Körper über, sondern 
gehen mehr oder minder an ein persönliches Regiment verloren. Von den 
Rechten des Volkes ist in dieser Verfassung überhaupt nicht die Rede, con- 
stitutionelle Garantien, die für die Entwicklung der bürgerlichen Freiheit sonst 
überall gefordert werdeu, treten nur in sehr verkümmerter Gestalt hervor. 
Der hohe Census bei den Wahlen zum Reichstage, der Mangel eines ver- 
antwortlichen Bundesministeriums sind doch wahrhaftig keine Garantien für 
eine gedeihliche Entwicklung der bürgerlichen Freiheit. Nun, meine Herren, 
wenn wir es mit den Verträgen allein zu thun hätten, da würden wir 
wohl sehr vieles daran auszusetzen haben. Aber die Verträge sind gar nicht 
zu trennen von der Lage, in der wir uns befinden, wir können sie nicht aus 
der Lage herausschneiden und sie allein und für sich behandeln, und diese 
ganze Lage ist nun eine derartige, daß wir diesen Verträgen unsere Zustim- 
mung geben müssen. Wir könnten an der Verantwortung für den Zustand, 
der da kommen müßte, wenn wir die Verträge abwerfen, unmöglich Theil 
nehmen. Ich und meine politischen Freunde werden auch das in einer prä- 
cisen Erklärung aussprechen, womit wir unsere Abstimmung motiviren, die 
wir seiner Zeit auf den Tisch des Hauses niederlegen werden. Gestatten 
Sie mir nur, meine Herren, daß ich mich über diese uns bestimmende Lage 
des Näheren ausspreche. Ich muß allerdings dabei ein in diesem Hausc 
jetzt schon oft Gehörtes wieder vorbringen. Auch muß ich von der Isoli= 
rung sprechen, die dann eintreten muß, wenn wir die Verträge abwürfen. 
Meine Herren, diese Isolirung Baierns ist mir durchaus kein so blutloses 
Gespenst, wie sie uns dargestellt werden wollte, sie ist eine sehr schreckhafte 
Wirklichkeit und Leibhaftigkeit. Ich spreche aber nicht blos von der Isolirt- 
heit nach Außen, sondern auch von der Isolirung, die im eigenen Lande ein- 
treten müßte. Meine Herren, die Verträge abwerfen, gegen die Verträge 
stimmen, das wäre noch ungefähr denkbar, wenn ganz Baiern, wenn das 
Volk und sein Fürst einmüthig diese Verträge nicht wollten. Aber, meine
	        
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