Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

764 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
ist: ein europäischer Krieg, ein allgemeiner Krieg, und in erster Reihe der 
Ruin Baierns. Was ein solcher Krieg für die österreichisch-ungarische Mon- 
archie sein würde, das wird man dort am besten zu ermessen wissen. Ich 
bin der Ueberzeugung, daß beide große staatliche Gemeinschaften das höchste 
Interesse haben, eine solche Eventualität zu vermeiden. Man hat unes, und 
mitunter in ziemlich drastischer Weise, gesagt, daß der Depeschenwechsel, der 
kürzlich stattgefunden hat, keine Bedeutung habe; es seien eben nur Worte, 
und diesen sei ein großes Gewicht nicht beizulegen. Meine Herren, wenn 
hinter den Aussprüchen der Regierungen die wesentlichsten Interessen der Na- 
tionen stehen, dann folgen auf die Worte die Thaten, und dann werden die 
Worte selbst zu Thaten. Vergegenwärtigen Sie sich nur, was in der De- 
pesche des Grafen v. Beust vom 2/. v. Mts. von der Auffassung Sr. Ma- 
jestät des Kaisers von Oesterreich selbst über die Neugestaltung Deutsch- 
lands gesagt ist. Ich habe das Blatt hier und werde es Ihnen verlesen. 
Es heißt darin: „Der Kaiser wird, freien und hohen Sinnes, die erhebenden 
Erinnerungen, die seine Dynastie in der glanzvollen Geschichte von Jahr- 
hunderten mit den Geschicken des deutschen Volkes verbanden, nicht anders 
auffassen als mit den wärmsten Sympathien für die fernere Entwickelung 
dieses Volkes und dem rückhaltlosen Wunsche, daß es in den neuen Formen 
des staatlichen Daseins die wahren Bürgschaften einer glücklichen, für seine 
eigene, wie für die Wohlfahrt des ihm in geschichtlicher Tradition, in Sprache, 
Sitte und Recht so rielfach verwandten Kaiserstaates gleich segensreichen 
Zukunft finden möge.“ Meine Herren, sind solche Worte aus solchem Munde 
nicht schon an sich ein Ereigniß, eine politische That zu nennen! — Es ist 
der Einmuf gemacht worden, daß, wenn wir uns auch zu Oesterreich 
freundlich stellen, dies nicht in gleichem Maße mit Ungarn der Fall sein 
wird. Meine Herren, innerhalb der Grenzen Ungarns hat längere Zeit hin- 
durch allerdings Antagonismus zwischen Deutschthum und Magyarieêmus be- 
standen; allein der Standpunkt ist überwunden, diese Gegensätze sind ver- 
wischt; und jetzt wird die mit einem sehr richtigen politischen Takte begabte 
ungarische Nation sehr wohl erkennen, daß ihr politisches und ihr rolkswirth- 
schaftliches Interesse sie auf Deutschland hinweist. Unsere Hoffnung auf 
Herstellung eines Freundschaft= und Allianzrerhältnisses zu Oesterreich beruht 
also auf einer guten Grundlage, auf der Basis der Interessenpolitik mit 
Oesterreich! Meine Herren, es ist dies der einzige Weg, das einzige Mittel 
zur jetzt noch möglichen Verwirklichung dessen, was Viele von uns auf ihr 
Bauner geschrieben hatten: der großdeutschen Idee. Allerdings müssen wir, 
um sie verwirklichen zu können, um zu ihrer Verwirklichung beizutragen, im 
Deutschen Bunde sein, wie Ihnen bereits ein sehr geehrter Redner, Herr 
Professor Edel, mit beredten Worten gesagt hat. Innerhalb des Bundes 
können wir Das erwirken; stehen wir außerhalb des Bundes, so sind wir 
kein Mittelglied, kein vermittelndes Element zwischen Deutschland und 
Oesterreich-Ungarmn; wir kommen in Gefahr, zum Streitobjekte zwischen den
	        
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