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beiden großen Nachbarn zu werden. Meine Herren! Der sehr geehrte Herr
Vorredner hat mit voller Berechtigung darauf hingewiesen, daß auch seine
Partei den nationalen Gedanken für sich in Anspruch nehme. Man spricht
von den Nationalliberalen und ihrer Einwirkung auf die Neugestaltung
Deutschlands. Von Ihnen, meine Herren, hängt es ab, dafür zu wirken,
daß der national-konserratire und gewissermaßen auch der großdeutsche Ge-
danke Geltung erhalte, daß auch dieser Richtung Rechnung getragen werde.
Durch Ihren Beitritt werden Sie dazu beitragen, daß dem Frieden, der
friedlichen Entwickelung und dadurch der Entlastung der Völker eine neue
und sichere Garantie geschaffen werde)
Jischer von Augsburg’): Meine Herren! Wenn ich in den ersten Ta-
gen der Diskussion zum Worte gekommen wäre, so würde ich vielleicht der
Versuchung nicht haben widcrstehen können, den Gefühlen Ausdruck zu geben,
die mich beherrschten, als ich den Tag angebrochen sah, an dem die Ver-
wirklichung einer lange gehegten und gepflegten großen Idee in Auesicht
stand. Ich hätte damals noch glauben können, daß ein Appell an die Be-
geisterung, welche nach meiner Meinung Jeden in der heutigen großen Zeit
ergreifen muß, auch in den Herzen aller Derjenigen Widerhall finden werde,
die heute als Gegner vor uns stehen. Meine Herren! Ich hätte mir viel-
leicht erlaubt, hinzuweisen auf das, was auf dem Kriegsschauxlatze sich ab-
gespielt hat; ich hätte mir vielleicht erlaubt, Sie zu erinnern an die wirkliche
herzliche Einigkeit, welche so rasch unter den verschiedenen Theilen der
deutschen Armee sich eingestellt hat. Meine Herren! Der Verlauf der mehr
als achttägigen Diskussion hat mich wesentlich abgekühlt; er hat mir die
Hoffnung genommen, daß durch einen solchen Appell an die nationale Be-
geisterung das Eis in jenen Herzen geschmolzen werden könne, in welchen es
bis heute noch hart geblieben ist. Alle Diesenigen, welche zwar im Uebrigen
unsere politischen Gegner aber der nationalen Begeisterung zugänglich sind,
sind längst aufgetreten und haben dieser Begeisterung warmen Auedruck ge-
geben; sie kamen von selbst, und haben, ohne zu warten, bis wir sie auf-
forderten, erklärt und gestanden: „Wir erkennen diese große Zeit, wir be-
greifen den Umschwung, der eingetreten ist, und wir haben nunmehr einen
gemeinsamen Weg zu gehen!“ Auf Seite der Gegner der vorliegenden Ver-
träge habe ich allerdings auch cinigemal Etwas entdeckt, das wenigstens der
dußeren Form und dem éußeren Tone nach der Begeisterung ähnlich war.
Aber, meine Herren, wozu wurde diese Begeisterung verwendet? Das Eine
Mal führte diese Begeisterung dazu, daß ein Redner sich zur Aufopferung
*) Die folgende Rede von X. v. Hafenbrädl S. 310 l. u. Lerzer S. 313 l., Frhr.
v. BSreiberg S. 314 lI., Dr. Neur aler S. 3183, Hohenadel S. 320 r., Selluer S. 326,
Dr. Pfahler S. 328.
*#) St. B. S. 332 r. u.