778 Baiern. Kammer der Abgeordneten.
geltend machen würde, mit einiger Geringschätzung behandeln zu dürfen
glaubte — er hat von Kässchwaben gesprochen — so ist das seine Sache:
die Kässchwaben megen ihre Schrullen haben, im Ganzen sind sie aber
raktische Leute Nun noch Etwas! Ich stimme dem bei, was der Herr
##bg. Wülk schen gesagt hat: Wenn Sie die Verträge ablehnen, so dür-
len Sie sich ja nicht vorstellen, daß Deutschland in Ruhe und Gemüthlichkeit
Ihrer Absondcrung vom Reiche zusehen wird. Cs läßt sich nun einmal nicht
widerstreiten, daß Baiern so gut wie irgend ein anderer Tbeil des deutschen
Gebiets zu Deutschland gehört, und es läßt sich nicht widerstreiten, daß das
deutsche Volk ein Recht darauf hat, Baiern bei Deutschland zu sehen. Meine
Herren! Das deutsche Volk wird auf dieses Recht nicht verzichten; es wird
uns zwar nicht mit Krieg überziehen, aber es wird einen Druck ausüben,
dem auch Sie auf die Dauer nicht werden widerstehen können. Und weiter:
wir, die Vertreter der nationalen Partei im Lande, wir sind auch nicht so
gutmüthig, als Sie jetzt plötzlich zu glauben scheinen. Wenn Sie selbst nur
an den zehnten Theil deojenigen glauben, was Sie uns seit Jahren nachge-
sagt haben, dann müssen Sie uns zutrauen, daß wir unt bei einem ab-
lehnenden Votum nicht beruhigen. Wir werden fortkämpfen für die nationale
Idee und ich bin nicht einen Moment in Zweifel darüber, wie dieser Kampf
enden wird. Sie können, wenn Sie die Verträge zum Falle bringen, schein-
bar und momentan Ihr Spiel gewinnen, aber in Wahrheit haben Sic in
demselben Augenblicke, in dem Sie zu gewinnen glauben, mehr verloren, als
sogar wir verloren wissen möchten. Ich kann mir noch immer nicht einreden,
daß Sie bis zum letzten Momente bei dem Vorsatze beharren werden, ein
so gewagtes Spiel zu spielen. Meine Herren! Es ist für Sie ein gewagtes
Spiel! Wenn ich mich nicht verpflichtet fühlen würde, Rücksicht zu nehmen
auf die Wohlfahrt des Landes, die ganz sicherlich sehr geschädigt werden
wird, wenn wir nicht auf geradem und anständigem Wege an das ziel
kommen, an das wir kommen müssen, so möchte ich wohl sagen: „Wir
wollen das Spiel mit Ihnen spielen, um einmal zu zeigen, welches Element
heute stärker im Lande ist, ob das der nationalen Begeisterung oder das der
kalten und dem nationalen Gefühle unzugäuglichen Abwägung kleinlicher
Sonderinteressen.“ Aus Liebe zu Baierns Volk wünsche ich, daß wir nicht
genöthigt werden, diese praktische Probe zu machen! Ich wünsche im Gegen-
theile, daß wir sobald als möglich zur definitiven Entscheidung kommen, um
die wir jetzt seit mehr als acht Tagen ringen, und daß wir uns bald, ob-
wohl Manches vorgegangen ist, was auf dieser oder jener Seite verletzt hat,
doch sagen können: „In der Hauptsache haben wir guns wieder zusammenge-
funden." Sie haben die freie Wahl: Sie können „Ja“ sagen oder „Nein.“
Aber gestatten Sie mir noch die warnende Bemerkung: Sie haben die freie
Wahl zwischen dem desthalten an einem Programme und dem Festhalten am
Vaterlande! Wählen Sie!