Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Jörg. 779 
Dr. Jörg als Referent): Meine Herren! Ich erlaube mir nur ein paar 
kurze Sätze in Beziebung auf einige Aeußerungen des Herrn Vorredners, 
die ich zu meinem Bedauern in meiner übrigen Sammlung nicht unterbrin- 
gen kann. Der Herr Abg. Fischer bat zunächst meine Befuͤrchtung wegen 
des werdenden Einheitsstaates angefoechten. Es scheint mur ein neckischer 
Zufall gewesen zu sein, daß der Herr Abg. Fischer sich duuch seine eigenen 
Worte widerlegt hat. Er hat zweimal gesagt, die Verträge hätten blos so 
viel an Momenten der GEinheit gefordert, als zu einem „Deutschen Staate“ 
nothwendig sei. Ja, meine Herren, da muß ich mich nun für die Verträge 
annehmen. Diese reden noch nicht von einem „Deutschen Staate,"“ sondern 
blos von einem „Deutschen Reiche."“ Das ist sehr wohl zu bemerken. Der 
Unterschied zwischen „Reich" und „Staa“ ist ein großer. Daß aber der 
Herr Abg. Fischer sich zweimal in der Weise versprochen hat, das — er 
möge es mir nicht übel nehmen — scheint mir schon etwas ominös zu sein. 
Sodann hat der Herr Abg. Fischer sich als Partikularist entpuppt. Er 
hat gesagt, er könne sich wohl denken, daß die baierischen Reichstagsabgeord- 
neten sich dort würden ihrer Haut zu wehren haben. Es scheint mir dem- 
nach, daß der Herr Abg. Fischer von dem Herrn Kollega Bayer einiger- 
maßen angesteckt worden ist; er scheint doch „den Preußen auch nicht ganz 
zu trauen.“ Uebrigens möchte ich zu diesen Aeußerungen Eines bemerken. Das, 
was der Herr Abg. Fischer gesagt hat darüber, wie er seinerzeit den baie- 
rischen Partikularismus, die uns da noch zugestandenen Sonder= und Ehren- 
rechte vertreten werde, scheint mir nicht ganz zu stimmen mit dem Minori- 
tätsgutachten, und ich betrachte es als ein wahres Glück für den Herrn Abg. 
Fischer, daß er dasselbe wenigsteus nicht offen mit unterschrieben hat. Ich 
will darauf nicht weiter eingehen. Der Widerspruch liegt ziemlich offen da. 
Nun, meine Herren, noch Etwas. Es ist wiederholt die Rede gewesen von 
dem künftigen Verhälmisse zwischen Preußen und Rußland einerseits und 
Oesterreich andererseits. Der Herr Abg. Fischer hat gesagt, ich habe mich 
da wieder einmal auf das gefährliche Gebiet der Prophezeiung gewagt. Nein, 
meine Herren, das habe ich nicht gethan. Es ist wahr, ich habe in den 
Debatten der letzten Tage solche Proxhezeiungen gehört. Ich rechne z. B. 
dazu die Vorstellung, die der Herr Dr. Edel uns gemacht hat über das 
künftige Verhältniß zwischen Oesterreich und Preußen. Ich muß gestehen, 
auch die Hoffnungen, die Seine Excellenz der Herr Graf von Bray uns 
gestern vorgetragen hat über das künftige Allianzverhältniß zwischen dem 
künftigen Deutschen Reiche und der ssterreich= ungarischen Monarchie, die 
Hoffnung, die Seine Ercellenz ausgesprochen hat, daß aus Gründen der 
Interessenpolitik auch die magyarische Hälfte jener Monarchie sich dazu her- 
beilassen würde — von der Slavenwelt Oesterreichs war keine Rede — ist 
mir einigermaßen als „Prophezeiung“ erschienen. Wenigstens habe ich den 
St. B. S. 338 r.
	        
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