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Einheit unter Preußens Führung hervorgerufen. Gleich der Beginn des
Krieges hat gezeigt, welche Kraft, welche Wucht die vereinigten deutschen
Kräfte zu äußern im Stande sind. Es zeigten dies die Siege von Weißen-
burg und Wörth, und schon nach diesem glorrcichen Anfang wurde es Jedem
klar, wie groß die Kraft des deutschen Volkes ist, wenn es geeinigt sein
wird. Es stiegen schon damals die Wogen ziemlich hoch hinsichtlich des
Wunsches einer dauernden Einigung. Dieses Verlangen war nicht nur
in fortschrittlichen und nationalliberalen Kreisen, sondern auch in den patrio-
tischen und allerpartikularistischsten Kreisen rege. Dieser Drang erreichte
seinen Höhepunkt in der Katastrophe von Sedau, als die eine Hälfte des
französischen Heeres vernichtet war, die andere Hälfte in Metz eingeschlossen
ihrer Vernichtung harrte. Die Staatsregierung durfte sich nun wohl dieser
Bewegung nicht verschließen, und sie hatte in Erwägung zu ziehen, wie sie
sich dieser Bewegung gegenüber verhalten wolle. Wenn sich die sehr geehrten
Herren meiner Aeußerung am 19. Juli erinnern wollen, so sagte ich schon
damals, daß die nationale Idee vorhanden, daß sie mächtig vorhanden sei,
daß man nicht vor ihr die Augen verschließen dürfe, man müsse sie beherr-
schen und dürfe sich nicht von ihr überstürzen lassen. Die Staateregierung
trat nun darüber in Berathung: soll sie diese Bewegung beherrschen, um-
fassen, oder soll sie ganz einfach abwarten, was nun kommen werde? Ich
glaube, die Staatsregierung hätte ihre Pflicht verletzt, sie hätte sich weder
der großen Zeit, noch ihrer Pflichten gerecht gezeigt, wenn sie nicht gesucht
hätte, diese Bewegung in ein richtiges Geleise zu bringen. Präcis gefaßt
befand sich die Staatsregierung den Fragen gegenüber: Sollen wir entweder
absolut auf unserer vollen, unabhängigen Selbständigkeit verharren, oder sollen
wir dem Verlangen nach einer dauernden Einigung auf einer Grundlage,
wobei noch die Existenz des baierischen Staats und ein großes Recht von
Selbständigkeit überhaupt möglich ist, entsprechen? Die Regierung entschloß
sich zur letzteren Alternative. Nachdem die Regierung die Grundlage hiefür
geschaffen hatte, ergriff sie conseqguent mit ihrem Beschlusse auch die Initia-
tive, und es fanden die Berathungen im Beisein des preußischen Staats-
ministers Delbrück hierselbst statt. Diese Berathung hatte wenig Aenderung
in der vom Gesammtministerium geschaffenen Grundlage zur Folge gehabt,
nur das Eine wurde mit Entschiedenheit klar, daß der Nordbund in keinem
Falle zu wesentlichen Aenderungen der Verfassung sich herbeilasse. Die Folge
war, daß die Staatsregierung glaubte, ein weiteres nationales Bündniß
anstreben zu sollen. Diese Grundlage fand auch die Bestätigung unseres
allergnädigsten Königs. Es ist das, glaube ich, was ich hier soeben
dargelegt habe, die erste Wandlung. Es kamen die Berathungen zu Ver-
sailles. Man hat uns zum Votwurfe gemacht, daß die Staatsregierung in
diese Berathung eingetreten sei während des Krieges, daß sie in Verhandlung
eingetreten sei in Frankreich, und nicht den Frieden abgewartet und hier im
Heimatlande verhandelt habe. Es hat dieser Vorwurf etwas für sich; aber