Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

782 Baiern. Kammier der Abgeordneten. 
es sind nicht die baierischen Minister, die baierische Staatsregierung gewesen, 
welche die Verhandlung in Versailles verlangt haben, gewiß nicht. Es haben 
in Versailles Verhandlungen stattgefunden zwischen dem Nordbund und den 
übrigen Südstaaten. Wir erhielten Kenntniß von diesen Verhandlungen. 
Es war unt freigestellt, Theil zu nehmen oder wegzubleiben und zu warten. 
Nun frage ich: Konnte das zweifelhaft sein, ob wir an den Verhandlungen 
in Versailles Theil nehmen, oder ob wir diese Verbandlungen ihren Gang 
gehen lassen und dann hier für uns verhandeln sollten? Ich sage: Wir haben 
das Richtige gethan, da wir in Versailles rerhandelten. Num, meine Herren, 
komme ich zur zweiten Wandlung. Wenn ich den Herrn Majoritäts= 
Referenten recht verstehe, habe ich dieselbe dahin aufzufassen: Die Staats- 
regierung ist mit der Absicht eines weiteren Bundes bingegangen, sie kommt 
zurück mit dem (intritte in den Bund überhaupt. Num, meine Herren, wir 
haben also in Versaillee auf der Grundlage, wie wir sie in München fest- 
gestellt hatten, verhandelt. Ansänglich war das Ergebniß unserer Verhand- 
lungen ein sehr zweifelhaftes. Die Festigkeit des Nordbundes wollte nicht 
verlassen werden auf der einen Seite, auf der andern Seite sahen wir, wir 
konnen nicht ganz außerhalb des Bundes bleiben, wenn wir nicht unsere In- 
teressen schädigen wollen. Es wurde auch an die Möglichkeit gedacht, ein 
internationales Bündniß abzuschließen. Auch das hielten wir unseren Ver- 
hältnissen nicht angemessen. Wir suchten daher Boden zu gewinnen, solche 
Aenderungen in die Nordbundsrerfassung einzuführen, welche unsern Eintritt 
ermöglichen, und gleichzeitig diejenigen Rechte uns vorzubebalten und vor- 
ausgeben zu lassen, auf welche wir vermöge umserer Leistungen Anspruch 
haben. Diese Grundlage umd dirse Art und Weise der Verhandlungen führte 
zum Ziele, und, meine Herren, um namentlich das hervorzuheben, daß wir 
in dieser ganzen Sache keinem Drucke unlerlagen, daß wir vollständig frei 
verhandelt haben, ist Ihnen hiefür das Wort des Grafen Biemarck ein Be- 
weis, welches zugleich seine eigene Stellung in diesen Verhandlungen bezeich- 
net. Er sagte zu uns bei Beginn der Verhandlungen im zweiten Stadium: 
„Wir wollen kein verstimmtes Baiern im Bunde, ein freiwilliges, kein ver- 
stimmtes.“ Das war die Grundlage, der rothe Faden, wenn ich mich so 
ausdrücken darf, welcher durch unsere Verhandlungen ging Das ist unsere 
zweite Wandlung gewesen. Meine Herren, das Ergebniß unserer Ver- 
handlungen liegt Ihnen nun vor. Wollen Sie den Bund, so müssen Opfer 
gebracht werden. Können Sie sich zu den Opfern nicht entschließen, so muß 
jedes Bundesverhältniß abgelehnt werden. Das Eine oder das Andere, aber 
je nachdem die Wahl grtroffen wird, alle Consequenzen getragen! Meine 
Herren! Wenn der §.! unserer Verfassung, welcher von der Souveränität 
Baierns spricht, in der Zeit des früheren Deutschen Bundes eine Wahrbeit 
war, so ist er es auch jetzt noch; es kommt nicht darauf an, wie der frühere 
Deutsche Bund praktisch zur Gellung gebracht wurde, sondern wie er nach 
der Verfassung gelten sollte. Es gibt keinen Bund, wo nicht die einzelnen
	        
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