Joͤrg. 791
der Abgeordnete Jörg solle zwar im Besitze seiner Uhr bleiben, aber dieselbe
soll künftig aufgezogen, gerichtet und an die Wand gehängt werden von ge-
wissen Personen in Berlin. Ja, meine Herren, das ist auch blos eine Meda-
litit in der Ausübung meines Rechts auf besagte Uhr: aber das werden Sie
mir zugestehen, ich habe sie jedenfalls nicht mehr in meiner Tasche. Auch
in anderer Richtung hat man meine principielle Behauptung zu widerlegen
gesucht. Namentlich hat sich Herr Stenglein, Herr Wülfert und auch
Herr Hohenadel Mübe gegeben mir nachzuweisen, das, was der Referent
gesagt habe, — daß nämlich an der Nordbundverfassung wesentliche Aenderungen,
geeignet die militärische Tendenz dieser Verfassung abzustumpfen, nicht er-
reicht worden seien, — sei nicht richtig. Sie erinnern sich Alle, meine Herren,
auf welche Bestimmung der vorliegenden Verträge die Herren, namentlich
Herr Sten glein, sich berufen haben, um ihre Behauptung zu beweisen.
Tuch hier wieder könnte ich mich auf ein eben gesprochenes Wort von Seite
Sr. Ercellenz des Herrn Kriegsministers berufen. Denn er hat gesagt,
es sei von Preußen alsbald konstatirt worden, daß wesentliche Aenderungen
der Norddeutschen Bundesverfassung nicht zu erwarten seien. Allein, meine
Herren, ich erlaube mir eine Bemerkung des Herm Abgeordneten Steng-
lein in's Auge zu fassen. Zum Beweis, daß wir eigentlich doch immer noch
im hohen Grade Herren in unserm Hause bleiben würden, hat Herr Sten g-
lein gesagt: „Ein Mann wie Graf Bismarck kann nicht den Einheitsstaat
anstreben“: Herr Louis hat gemeint, Preußen wüßte sonst keinen Verstand
haben, was ohne Zweifel auf dasselbe hinausgeht. Nun, meine Herren, ich
bin in dieser Beziehung einer ganz anderen Meinung; ich bin der Meinung,
daß selbst der Herr Graf Bismarck nicht im Stande ist, so wie es ihm
gerade gut dünkt, die Entwicklung dieser Verfassung zu beherrschen. Ja, Graf
Bismarck hat schon Manches nicht beherrschen können, was er beherrschen
wollte. Glauben Sie nur, meine Herren daß wenn Graf Bismarck es
bätte verhindern können, auch der gegenwärtige Krieg nicht so ausgeartet
wäre, wie er ausgeartet ist. Ich kann mich auf die eigenen Worte des Herrn
Grafen Bismarck berufen, welche die Meinung des Herrn Abgeordneten
Stenglein direkt widerlegen. Ich erinnere die Herren an den bekannten
Brief des Grafen Bizmarck an den Fürsten Puttbus. Der Brief wurde da-
mals geschrieben, als im preußischen Herrenhaus der Antrag des Grafen
Lippe schwebte, welcher Antrag bekanntlich gerichtet war gegen die eigen-
mächtige Competenzerweiterung von Seite der Bundesvertretung. Damals
hat Graf Bismarck an den Fürsten Puttbus geschrieben, um durch ihn zu
verhindern, daß die conservative Partei im preußischen Herrenhause dieses
Antrages sich annehme. Ich habe den Brief nicht da, aber ich habe ihn so
oft gelesen, daß ich ihn dem Wesentlichen nach auswendig weiß. Graf Bis-
marck hat gesagt: die Gelcise der Deutschen Politik Preußens seien so tief
eingefahren, daß es keiner Macht möglich sei, den Wagen aus diesem Ge-
leise heraus zu bringen. Er hat gesagt, kein Staatsmann könne das rer-