Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

66 Vertrag mit Bayern. 
denjenigen Gesetzen gehört, deren Wirksamkeit auf Bayern ausgedehnt werden 
könnte. 
II. 
Von Seite des Königlich Prcußischen Bevollmächtigten wurde anerkannt, 
daß unter der Gesetzgebungsbefugniß des Bundes über Staatsbürgerrecht nur 
das Recht verstanden werden solle, die Bundes= und Staatsangehörigkeit zu 
regeln und den Grundsatz der politischen Gleichberechtigung aller Konfessionen 
durchzuführen, daß sich im Uebrigen diese Legislative nicht auf die Frage er- 
strecken solle, unter welchen Voranssetzungen Jemand zur Ausübung politischer 
Rechte in einem einzelnen Staate befugt sei. 
III. 
Die unterzeichneten Bevollmächtigten kamen dahin übercin, daß in Anbe- 
tracht der unter Ziffer I. statnirten Ausnahme von der Bundes-Legislative 
der Gothaer Vertrag vom 15. Juli 1851 wegen gegenseitiger Uebemahme 
der Ausgewiesenen und Heimathslosen, dann die sogenannte Eisenacher Kon- 
vention vom 11. Juli 1853 wegen Verpflegung erkrankter und Beerdigung 
verstorbener Unterthanen für das Verhältniß Bayerns zu dem übrigen Bun- 
desgebiete fortdauernde Geltung haben sollten. 
VI. 
Als vertragsmäßige Bestimmung wurde in Anbetracht der in Bayern 
bestehenden besonderen Verhältnisse bezüglich des Immobiliar-Versicherungs- 
wesens und des engen Zusammenhanges derselben mit dem Hypothekar- 
Kreditwesen festgestellt, daß, wenn sich die Gesetzgebung des Bundes mit dem 
Immobiliar-Versicherungswesen befassen sollte, die vom Bunde zu erlassenden 
gesetzlichen Bestimmungen in Bayern nur mit Zustimmung der Bayerischen 
Regierung Geltung erlangen können. 
V. 
Der Königlich Preußische Bevollmächtigte gab die Zusicherung, daß 
Bayern bei der ferneren Ausarbeitung des Entwurfes eines Allgemeinen 
Deutschen Civilprozeß-Gesetzbuches entsprechend betheiligt werde. 
VI. 
Als unbestritten wurde von dem Königlich Preußischen Bevollmächtigten 
zugegeben, daß selbst bezüglich der der Bundes-Legislative zugewiesenen 
Gegenstände, die in den einzelnen Staaten geltenden Gesetze und Verord- 
nungen in so lange in Kraft bleiben und auf dem bisherigen Wege der 
Einzelngesetzgebung abgeändert werden können, bis eine bindende Norm vom 
Bunde ausgegangen ist. "
	        
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