804 Balern. Kammer der Abgeordneten.
Standpunktes der Regierung in Bezug auf die Anbahnung einer nationalen
Einigung. Sie kann nur den Sinn haben, daß, wenn sich die Verhältnisse
nicht ändern und man nicht zu einem nationalen Bündunisse gelangt, jene
Maßregeln ins Werk gesetzt werden sollen, daß der Jollverein, auch wenn
an seine Stelle eine verfassungsmäßige wirthschaftliche Gemeinschaftlich-
keit zwischen dem Süden und Norden tritt, doch als etwas Besonderes er-
halten werden solle, daß die Allianz aufrecht erhalten werden solle, obwohl
wir dann die Glieder eines und desselben Bundes sind. Das, meine Herren,
kann Niemand sagen wollen, und das kann meines Erachtens auch der Herr
Referent in der Erklärung nicht finden wollen (wenn ich ihn recht ver-
standen habe, hat er es auch nicht darin gefunden) — er, der sich selbst im
September zur Unterzeichnung der Erklärung veranlaßt fand, daß die An-
strebung einer nationalen Einigung wünschenswerth sei, zumal derselbe im
Wesentlichen noch den Standpunlt, den die Regierung im September bei
den Verhandlungen mit dem Minister Delbrück eingehalten hat, als einen
korrekten betrachtet. Ich behaupte also, wie ich glaube mit Recht: in den
beiden ersten Stadien liegt eine Schwenkung der Regierung nicht. — Wenn
wir zum dritten Stadium übergehen, so kann ich mich auf den Herm Re-
ferenten selbst, wie ich bereits angedeutet, berufen, wenn ich sage, daß auch
da die Regierung ihrem Standpunkte noch immer treu geblieben ist. Der
Herr Referent gebraucht nämlich da, wo er von der Haltung der Regie-
rung zur Zeit der Septemberverhandlungen spricht, einen ähnlichen Ausdruck,
— er der, wie wir aus seinem Referate wissen, in der Eingehung eines jeden
Bundes mit einer einzigen Großmacht ein sehr erhebliches Bedenken findet.
Der Herr Referent hat bei Vorlage der Verträge und zur Zeit, als er
seinen schriftlichen Vortrag ausgearbeitet hat, noch manche Aufklärung darüber
vermißt, welche Haltung die Regierung im September gegenüber dem Minister
Delbrück eingenommen hat. Nun, meine Herren, dem Herrn Referenten
ist im Ausschusse die Aufzeichnung über die Verhandlungen vom September
mitgetheilt worden und ich thue gewiß nichts Unrechtes, wenn ich Ihnen aus
dem Ausschusse mittheile, daß der Herr Referent uns dort das Zeugniß
gegeben hat, die Regierung habe ihren Standpunkt auf das Aeußerste zu
wahren gesucht. Also auch da ist eine Schwenkung nicht vorgekommen. Der
Herr Referent hebt noch herror, die Regierung sei ihrer eigenen Erklärung
gemäß im Sextember von der Voraussetzung ausgegangen, daß der berechtigte
Partikularismus im Nordbunde noch nicht gewahrt sei und daß die Er-
reichung dieses Zieles durch wesentliche Aenderungen an der Nordbundsver-
fassung anzustreben sein werde. — Mit dem Satze nun, den der Herr Refe-
rent dieser Bemerkung hinzufügt, beginnt die Differenz zwischen ihm und
uns. Er sagt: „was sonach eingestandenermaßen in den jetzt vorliegenden
Verträgen nicht geschehen ist.“ Der Herr Referent behauptet also, es sei
durch meine Erörterungen bei Vorlage der Verträge von der Regierung selbst
eingestanden worden, daß wesentliche Aenderungen an der Nordbundsver-