Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

806 Baiern. Kammer der Abgeordneten. 
ßische Regierung in Bezug auf die Justizgesetzgebung nicht soviel zur Her- 
stellung einer nationalen Einigung für nothwendig erachtet, als jetzt in der 
Bundesverfassung dem Gemeinwesen abgetreten wird. Damals begnügte man 
sich, abgesehen vom Handels= und Wechselrecht wenn ich mich recht erinnerr, 
mit dem (ivilprozeß, und ich war berechtigt, aus diesem Minderrerlangen 
zu schließen, wie auch der Herr Referent argumentirt hat, daß zur Her- 
stellung einer nationalen Einigung auch jetzt noch weitere Zugeständnisse in 
Bezug auf die Justizgesetzgebung nicht absolut erforderlich sind. Meine 
Herren! Was ich bereits einmal angeführt habe, ich konnte auch noch für 
mich das Beispiel der großen Unionen in Amerika und in der Schweiz an- 
ziehen. Auch dort ist man in Bezug auf die Unifikation der Justizgesetz- 
gebung nicht soweit gegangen als im Norddeutschen Bunde. Aber das war 
auch Alles, was ich für mich bei meiner ablehnenden Haltung geltend zu 
machen vermochte. Ich weiß und wußte damals, daß alle anderen Endä- 
gungen gegen den Morbehalt, den ich damals zu machen vorschlug, sprachen. 
Ich will nicht des Näheren ausführen, wie es sich mit unserem deutschen 
Rechte seit langen Jahrhunderten verbielt. Ich bitte Sie, erinnern Sie sich 
zurück an die beredten Werte, die Herr Dr. Edel über diesen Punkt ge- 
sprochen. Ich will nicht davon sprechen, daß die jungen Juristen auf den 
Universitäten, wenn sie sich für die Rechtswissenschaft begeistern, diese Be- 
geisterung nicht etwa aus der Darstellung von Partikularrechten sondern aus 
dem gemeinen Rechte schöpfen. Aber auf einen Standpunkt, der sich außer- 
ordeutlich nüchtern und praktisch repräsentirt, darf ich hinweisen. Seitdem 
das gemeine Recht als solches zu gelten aufgehört hat, ist über die Justiz 
viel Spott und Hobn ergossen worden, und vielen Verdruß hat uns die 
Zerrissenheit unseres Rechtes gebracht. Ich erinnere nur an die Klagen, die 
aus den Reihen der Kaufleute in dieser Richtung von jeher ertönt sind, auf 
die Klagen, welche hervorgerufen wurden darüber, daß wenn in dem einen 
Lande ein Rechtsstreit durchgeführt wird, in dem andern eine Vollstreckung 
des Erkenntnisses nicht zu erlangen sei. Meine Herren! Das Bedürfniß der 
Rechtseinheit hat sich so lebendig und wirksam geltend gemacht, daß zu einer 
Zeit, in welcher sich die Regierungen in der sorgsamsten Eifersucht auf ihre 
Rechte zu cinem politischen Zugeständnisse an die Nationalität in keiner 
Weise herbeilassen zu können glaubten, — daß die Regierungen, sage ich, die 
Anbahnung der Rechtseinheit in die Hand zu nehmen sich nicht mehr ent- 
schlagen konnten. Die Regierungen, die im Deutschen Bunde geeinigt waren, 
haben noch vor dem Jahre 1848 auf dem Gebiete des Handelsrechtes die 
Einigung angebahnt, — das Wechselrecht ist abgeschlossen im Jahre 1847 
— die Regierungen haben später ein gemeinsames Handelsrecht mit großen 
Anstrengungen hervorgerufen, haben nach Abschluß des Handelsrechtes Com- 
missionen zur Berathung eines Civilrechtes nach Dresden und eines Cioil= 
prozesses nach Hannover berufen. Meine Herren! Das haben die Regierun- 
gen gethan, wie ich einflechten will, um dem Herrn Dr. Anton Schmid
	        
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