Full text: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band III (3)

Lut. 809 
Kichtung weiter gegangen, als setzt die Verträge lauten. Aber wenn wir 
auch nicht Alles erreicht haben, was wir wünschten, so darf ich doch wohl 
sagen, es sind auch hier wesentliche Aenderungen herbeigeführt worden. Ich 
erinnere Sie an die wesentliche Aenderung des Stimmenverhältnisses, dem 
sich Preußen gefügt hat, an die anderweitige Regelung der Competenz des 
Bundesrathes, an die Beschränkungen, die bezüglich des Rechtes Krieg zu 
erklären durch Betheiligung des Bundesrathes eingetreten sind, an den Aus- 
schuß für die auswärtigen Angelegenheiten, mit welchem uns mindestens die 
Möglichkeit gebeten wird, anzuregen und zu dämpfen, an die Bestimmung 
über die Bundeserekution, und vor Allem an die Bestimmung über die Ver- 
fassungsänderungen, in welcher einer verhältnißmäßig kleinen Zahl von Stim- 
men ein Veto zugestanden worden ist. Dieser letzte Punkt ist meines Er- 
achtens der erheblichste unter allen. Der Herr Referent scheint zwar auch 
diesem Punkte ein besonderes Gewicht nicht beizulegen, indem er sich auf 
meine Aeußerung bezieht, daß „erst der erste Zern verraucht sein müsse“. 
Nun, meine Herren, ich glaube der Zurn wird sehr bald verraucht sein, denn 
ces werden wohl auch die anderen Staaten keine Thoren sein und in ihrem 
eigenen Fleische wüthen; ihr eigenes Interesse wird sie nöthigen, mit uns 
Hand in Hand zu gehen. Nach dem, was auch in dieser Richtung erreicht 
ist, darf man meiner Ueberzeugung nach nicht mehr sagen, daß die Bundes- 
rerfassung die Selbstständigkeit des Landes gefährde, — vor Allem dann nicht, 
wenn man das Gewicht Baierns so hoch anschlägt, wie dies in dieser Ver- 
sammlung geschehen ist: denn dieses Gewicht wird sich auch in Beziehung 
auf die Wirksamkeit des föderatiren Prinzipes ganz gewaltig geltend machen, 
und dieses Gewicht wird unterstützt sein durch den Partikulariomus, den es 
auch anderswo gibt, und von dem meines Erachtens der Herr Abgeordnete 
Reumair mit Recht gesprochen hat wenn auch in anderem Sinne. Der 
Herr Abgeordnete Greil hat auf die Bedeutung Baierns kein so großes 
Gewicht legen zu müssen geglaubt, wie ich es thue; er meint, die 24 Pa- 
trioten aus Baiern, die etwa im Reichstag sitzen würden, und die 3 oder 
4 aus Württemberg, die 3 aus Baden und Hessen würden nicht viel Einfluß 
zu üben vermögen. Meine Herren! Es sind vielfach Aeußerungen Bismarcks 
citirt worden, ich vermöchte auch eine zu citiren, wonach er das Gewicht der 
baierischen Patrioten im Reichstage viel höher anschlägt als Sie. Meine 
Herren! Im Norddeutschen Reichstage und im Verkehre mit den Ministern 
aus anderen Staaten ist uns vorgeworsen worden, daß wir für Baiern viel zu 
riel in Anspruch genommen, daß wir dem Partikularismus viel zu weitgehende 
Concessionen errungen hätten. Sie kennen die Angriffe, welche gegen uns 
erhoben worden sind; auch von der linken Seite des Hauses sind ähnliche 
Bedenken laut geworden, und sagen Sie nicht, daß das nur vorgeblendet sei. 
Nein, meine Herren! Der Herr Referent hat zu wiederholten Malen be- 
tont, daß er selbst glaube, es sei den Nationalliberalen auch in diesem Hause 
mit der Beanstandung der Verträge bitter Ernst. Und doch sagt man hier,
	        
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